Kritik: Pläne zur Umsiedelung sind unzureichend. | Wien Der Grundstein ist bereits gelegt, doch die Proteste gegen den türkischen Staudamm Ilisu verstummen deshalb nicht. Konsortiumsführer des umstrittenen Projektes ist die Andritz AG, Mutter der VA-Tech Hydro. Der Vertrag stehe vor der rechtswirksamen Unterzeichnung, sagte kürzlich Ilisu-Projektleiter Günter Holzer. Was fehle, ist die Kreditversicherung.
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Doch der Exportkreditgarantie der Republik Österreich von rund 240 Mio. Euro scheint man gestern einen Schritt näher gekommen zu sein: Im Finanzministerium hat der Beirat der Oesterreichischen Kontrollbank (OeKB) getagt. Die OeKB wickelt für die Republik das Exporthaftungssystem ab - der Bund bietet eine Versicherung für Geschäfte ab 24 Monaten in risikoreichen Märkten.
"Es gab keine Empfehlung in der Art Ja, passt", heißt es aus dem Finanzministerium. Der Beirat, dem Vertreter von Ministerien, der Wirtschafts- und Arbeiterkammer sowie dem Gewerkschaftsbund angehören, dürfte allerdings eine Empfehlung ausgesprochen haben - wenn auch mit einigen Auflagen. Die Türkei müsste sich dazu äußern - und verpflichten, die Auflagen zu erfüllen. Kommende Woche sollen in Ankara die Haftungsversprechen geklärt werden. Die endgültige Entscheidung, ob Österreich für das Projekt von Andritz eine Exporthaftung übernimmt, fällt dann der heimische Finanzminister.
"Türkei baut sicher"
Von Andritz heißt es, die Türkei würde das Projekt in jedem Fall bauen - entweder mit Andritz, die sich "weitgehend" den verschärften internationalen Kriterien angenähert habe oder eben von jemand anderem nach türkischen Auflagen. "Diese weisen teilweise stark von den Weltbank-Kriterien ab", sagte Holzer.
Nichtregierungsorganisationen (NGO) verweisen auf einen Bericht jenes Mitarbeiters der Weltbank, der die internationale Standards mitentworfen hatte. Die Kriterien legen auch fest, wie mit Umsiedelungen umgegangen werden soll. Im Fall des Ilisu-Projektes seien die Umsiedelungspläne inkonkret, zitiert ein NGO-Vertreter den Weltbank-Mitarbeiter Michael Cernea. Im Tigris-Tal nahe der syrischen Grenze leben 54.000 Menschen, vorwiegend Bauern, die meisten Kurden. Die wenigsten würden eine Entschädigung für jenes Land, das sie bewirtschaften, erhalten, sagt Cernea. Von Andritz heißt es, die türkische Firma Encon habe den Umsiedelungsplan erstellt und die Menschen vor Ort "umfassend informiert".
"Dies ist nichts anderes als die Fortsetzung der Vertreibungspolitik des türkischen Staates", erklärte gestern die in der Türkei verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK. Sie ruft dazu auf, "sich nicht an diesem Verbrechen zu beteiligen."