Politiker stoßen immer öfter auf Widerstände. | Pressburg. Seit Wochenbeginn hat der slowakische Premier Robert Fico es schwarz auf weiß: In einer Eilmeldung attestierte das renommierte Institut für öffentliche Fragen (IVO) ihm und seinem Kabinett "einen bedenklichen Schwenk weg vom Rechtsstaat". Als wichtiges Indiz dafür nimmt das IVO auch den aus seiner Sicht deutlich gesunkenen Stellenwert von Grundrechten; diese seien zuletzt vermehrt eingeschränkt worden.
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Diese Beobachtung ist sicher richtig gerade mit Blick auf einige Gesetze und Großprojekte. So hatte Verkehrsminister Lubomír Vázny im Januar ein Gesetz zur Beschleunigung des Autobahnausbaus förmlich durchs Parlament gepeitscht, in dem Eingriffe in das Recht auf Eigentum vorgesehen sind, die der Politiker selbst als "hart an der Grenze der Verfassung" bezeichnete.
Allerdings bedürfen die Feststellungen des IVO einer wichtigen Ergänzung: Anders als noch vor ein paar Jahren schlucken die Slowaken heute längst nicht mehr widerstandslos alles, was "von oben" verordnet wird, sondern setzen sich im Zweifel tatkräftig und sogar sehr erfolgreich zur Wehr. Zurzeit machen Bürgerproteste den politisch Verantwortlichen immer wieder vor allem bei Umweltgroßvorhaben zu schaffen. Im ostslowakischen Trebisov etwa soll das größte Kraftwerk des Nachbarlandes entstehen. Mit seiner Errichtung und Inbetriebnahme ließe sich voraussichtlich auch die Arbeitslosenquote in dem strukturschwachen Städtchen und der weiteren Region auf Dauer deutlich senken. Dieses Argument überzeugt die Mehrheit der Bürger aber nicht.
Schon im Herbst hätte bekannt gegeben werden sollen, wer das Kraftwerk erbauen soll. Die Bürger erhoben im Rahmen der obligatorischen Umweltverträglichkeitsprüfung jedoch so viele Einwände, dass ein Investor bis auf weiteres nicht benannt werden kann. Rückendeckung erhielten die aufmüpfigen Trebisover vor kurzem auch von ihren Stadtverordneten, die einen Beschluss gegen das Kraftwerk fassten. Im Übrigen haben sich 30 Gemeinden in der Region, darunter auch einige aus den nur unweit entfernt gelegenen ungarischen Grenzgebieten, zum großflächigen Protest gegen das Vorhaben zusammengeschlossen.
Regelrecht "stinken" tut es wiederum den Einwohnern von Pezinok. In dem 20 Kilometer von Pressburg entfernt liegenden Weinort soll eine Müllhalde entstehen. Die Mehrheit der Bürger hat aber Zweifel daran, ob die Baugenehmigung für das Vorhaben rechtmäßig erteilt wurde. Zuletzt protestierten sie so heftig gegen die Müllkippe, dass Premier Fico nicht umhin kam, die Angelegenheit zur Chefsache zu erklären. Gestern wies er seinen Umweltminister Jaroslav Izák an, Strafanzeige beim Generalstaatsanwalt zu erstatten.