Die Wiener Exekutive braucht dringend Nachwuchs. Dennoch müssen viele, die den Test bestanden haben, warten.
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Wien. Die Umstellung auf ein neues Aufnahmeverfahren und Punktesystem seit Anfang 2019 sorgt zunehmend für Probleme und Verärgerung bei der Polizei. Bei der Wiener Polizei verläuft deswegen der Einstieg von fertig geprüften Anwärtern in die Polizeischule nur schleppend. Von etwa 125 schon getesteten Bewerbern wurden nach Informationen der "Wiener Zeitung" nur etwa 55 aufgenommen. Dabei suchen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und die Polizei dringend neue Kräfte für den Streifendienst.
Der Innenminister steckt damit an zwei Fronten in der Bredouille. Neben den Anlaufschwierigkeiten - wer nur einen Teil der Aufnahmetests absolviert hat, muss diese wegen des neuen Punktesystems wiederholen (die "Wiener Zeitung" berichtete) - ist Kickl wegen der Abschiebung straffälliger Asylwerber unter Druck. Am Mittwoch erwartet ihn ein gemeinsamer Misstrauensantrag der Opposition, weil er wegen verschärfter Asylregeln auch an der Europäischen Menschenrechtskonvention gerüttelt hat. Kickl hat das dann am Freitag als Missverständnis relativiert.
Schreiben Kickls an die EU wegen straffälliger Asylwerber
Am Dienstag ging er mit einem Schreiben an EU-Kommissar Dimitris Avramopoulus in die Offensive. Darin fordert Kickl einfachere Aberkennungen des Schutzstatus straffällig gewordener Flüchtlinge. Im Brief (er liegt der "Wiener Zeitung" vor) heißt es: "Konkret geht es um die Möglichkeit einer Status-Aberkennung schon bei einer schweren Straftat sowie auch bei Wiederholung mehrerer Straftaten, unabhängig davon ob diese als besonders schwer zu qualifizieren sind."
Gleichzeitig verfolgt die Problematik der Umstellung beim Aufnahmeverfahren den Innenminister. In Wien geht es um die gebremste Aufnahme von 55 der 125 Prüflinge. In der Pressestelle der Landespolizeidirektion wurde das grundsätzlich nicht als ungewöhnlich gesehen: "Das heißt nicht, dass die anderen nicht genommen werden." Es gebe immer Aufnahmen zur Ausbildung je nach freien Kontingenten. Das Nachholen von Prüfungen treffe nur jene in der Übergangsphase. Zu den Zahlen selbst gab es vorerst keine Stellungnahme.
Dafür schießen sich rote Polizeigewerkschafter wegen der teils blockierten Aufnahmen von Polizeischülern und damit in der Folge bei Nachbesetzungen auf den Innenminister ein. "Das ist ja völlig widersinnig und ein Wahnsinn", wettert Gewerkschafter Harald Segall. Unter denen, die warten müssten, seien Anwärter mit hoher Punkteanzahl beim Aufnahmetest. Damit werde Kickl die zugesagten 2000 neuen Posten nicht einhalten können: "Das sind alles leere Versprechen." Viele Exekutivbeamte wollen lieber in andere Bundesländer. Deswegen nützen viele Versetzungschancen.
Im Vorjahr in Wien 53 Beamte weniger
Das zeigen vorliegende interne Auswertungen der Landespolizeidirektion Wien. 2018 wurden in Summe 374 Abgänge bei rund 7000 Bediensteten verzeichnet. Dabei waren Versetzungen mit 131 Fällen der zweitwichtigste Grund nach 158 Pensionierungen. Wechsel erfolgten in andere Bundesländer oder in das seit Ende 2017 von Kickl geführte Innenministerium. Immerhin 76 Bedienstete haben den Polizeidienst von sich aus quittiert. Dazu kommen neun Todesfälle.
Dem standen 305 Zugänge in den Wiener Polizeidienst gegenüber. 13 davon erfolgten durch Beamte aus anderen Bundesländern, weitere drei sind in den Polizeidienst zurückgekehrt. Dem wird von FPÖ-Seite eine Aufstockung der Wiener Polizei um 84 Posten entgegengehalten. Des Rätsels Lösung: Es wird die Aufnahme neuer Polizeischüler, die ihre zweijährige Ausbildung vor sich haben, einberechnet. Bei der Wiener Polizei stöhnen Beamte aus einem weiteren Grund über eine hohe Belastung. Aus dem Personalstand wurden Personal für Sondereinheiten abgezogen.
Kickl hat in einem Schreiben an die österreichweit 30.000 Polizisten öffentliche Kritik an Einsparungen bei Überstunden und an der Personalsituation zurückgewiesen. Ihm sei in der Diskussion wichtig zu "garantieren", schrieb Kickl: "An der Sicherheit wird nicht gespart." Man habe 2100 neue Planstellung und 2000 weitere Ausbildungsplätze erkämpft, meint er unter Bezug auf Beschlüsse der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung. Diese würden nun "sukzessive besetzt".