Die aktuelle Diskussion um die Einrichtung eines eigenen Asylgerichtshofs ruft wieder einmal die Ausgestaltung der Asylpolitik in der EU in Erinnerung. | Zur Beschleunigung der gegenwärtig in Österreich anhängigen circa 30.000 Asylverfahren soll nicht mehr wie bisher ein Rechtszug zum Unabhängigen Bundesasylsenat und gegen dessen Entscheidungen auch noch ein Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof möglich sein.
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In Zukunft wird dafür ein eigener Asylgerichtshof zuständig sein, dessen Mitglieder keine unabhängigen Richter sein müssen, sondern erfahrene Verwaltungsbeamte sein können, die von der Bundesregierung ernannt werden.
Diese Neuerungen im österreichischen Asylverfahren lassen es angezeigt erscheinen, einen Blick auf die einschlägigen europarechtlichen Vorgaben zu werfen.
Asylpolitik in der EU
Artikel 63 Nummer 1 EG-Vertrag überträgt der Europäischen Gemeinschaft (EG) umfassende Kompetenzen im Bereich des Asylrechts, einschließlich des Asylverfahrensrechts.
Demnach hat der Rat Maßnahmen zur Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrages zuständigen Mitgliedstaates sowie jeweils Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten, für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen als Flüchtlinge und für die Verfahren zur Zuerkennung oder Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft zu beschließen. In diesem Zusammenhang gelten aktuell eine Verordnung und drei Richtlinien.
Das für die Frage der Zuständigkeit eines EU-Mitgliedstaates für die Prüfung eines Asylantrages zunächst zuständige Dubliner (Erst-)Asylabkommen vom 15. Juni 1990 wurde in der Folge durch die sogenannte " Zuständigkeits-Verordnung " (EG) 343/2003 des Rates vom Februar 2003 (ABl 2003, L 50/1) sowie durch eine weitere Durchführungs-Verordnung der Kommission vom September 2003 (2003, L 222/3) ersetzt.
Darin wird der für einen konkreten Asylantrag EU-weit allein zuständige Mitgliedstaat bestimmt, dessen Entscheidung auch für alle anderen Mitgliedstaaten - mit Ausnahme Dänemarks - gilt.
Ergänzend dazu hat der Rat im Jänner 2003 die sogenannte " Aufnahme-Richtlinie " 2003/9/EG (ABl 2003, L 31/18) erlassen, mit der er Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in allen EU-Staaten sowie Maßnahmen zur Eindämmung der Sekundärmigration - mit Ausnahme von Irland und Dänemark - festlegt. Diese Richtlinie ist einer der Eckpfeiler der ersten Phase des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, das 1999 vom Europäischen Rat in Tampere und in der Folge 2004 im "Haager Programm" vorgesehen wurde.
Ende April 2004 erließ der Rat die sogenannte " Anerkennungs-Richtlinie " 2004/83/EG (ABl 2004, L 304/12) über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen. Die "Anerkennungs-Richtlinie" gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark.
Zuletzt ist in diesem Zusammenhang noch auf die sogenannte " Verfahrens-Richtlinie " 2005/85/EG des Rates von Anfang Dezember 2005 (ABl 2005, L 326/13) zu verweisen, in der Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft enthalten sind. Dafür sind folgende drei Kategorien von Maßnahmen vorgesehen: Verfahrensgarantien für Asylwerber; Mindestanforderungen für die Entscheidungsfindung und Bestimmungen für die konsistente Anwendung bestimmter Begriffe.
Gemäß dem dem EG-Vertrag angefügten "Asylprotokoll" (1997) gelten die EU-Mitgliedstaaten untereinander als sichere Drittländer, sodass Unionsbürgern in Mitgliedstaaten an sich kein Asyl gewährt wird.