Laut dem britischen Boulevardblatt "The Sun" soll Königin Elizabeth II. den EU-Ausstieg Großbritanniens befürworten.
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London. Mit einer Sensationsmeldung hat das Londoner Boulevardblatt "The Sun" am Mittwoch die Briten aufgeschreckt. Die Queen, verkündete die Zeitung auf ihrer Titelseite, wolle den britischen Austritt aus der EU. Das habe sie bei einem Gala-Essen in Windsor Castle vor fünf Jahren dem damaligen Vize-Premier Nick Clegg gegenüber deutlich gemacht - weil ihrer Ansicht nach die EU in "die falsche Richtung" gehe.
Clegg, dazu befragt, konnte sich an eine solche Konversation "nicht erinnern". Das Ganze sei "Unsinn", fügte er eilends hinzu. Hier suchten "Leute, die uns aus der EU raushaben wollen", doch nur "um ihrer eigenen Zwecke willen die Königin ins EU-Referendum hineinzuziehen". Auch ein Palast-Sprecher dementierte. "Die Königin ist heute genau so politisch neutral, wie sie es seit 63 Jahren immer gewesen ist", hieß es bei Hofe. Auf "unechte, anonyme" Quellen gebe man im Buckingham Palace nicht viel.
EU-Befürworter auf der Insel witterten denn auch prompt ein Komplott der Gegenseite. Nicht nur ist "Sun"-Verleger Rupert Murdoch für seine Brexit-Sympathien bekannt. Auch Murdochs zweites britisches Blatt, die Londoner "Times", beteiligte sich beflissen an der Detonation der "Bombe". Und andere Blätter, die täglich gegen die EU schießen, wie "Daily Mail" und "Daily Telegraph", stürzten sich mit ebensolcher Freude auf die Nachricht wie prominente Tory-Politiker des Brexit-Lagers. Nichts könnte so viel Wind in ihre Segel blasen wie ein freundliches Wort der Monarchin - zumal die Mehrheit des Establishments an der EU festhalten will.
Argwohn erweckte auch die Information, dass einer der Minister, die das damalige Gespräch der Queen mit Clegg mitgehört haben sollen, der Tory-Rechte Michael Gove war - heute einer der Anführer der Brexit-Kampagne.
Die "Sun" fand solche Einwände unfair. Sie wisse mit Bestimmtheit, dass die Queen dem Pro-Europäer Clegg "zornig" und "emotional" und "eine ganze Weile lang" ihre Meinung gesagt habe. Sie habe "keinen Zweifel an ihren leidenschaftlichen Gefühlen Europa betreffend" gelassen und sogar erklärt: "Ich verstehe Europa nicht." Die umsitzenden Gäste seien "stumm vor Staunen" gewesen. Das war, hieß es, im April 2011.
Die Maske fällt selten
Witzigerweise waren der Queen noch im vorigen Sommer Vorhaltungen aus genau gegensätzlicher Richtung gemacht worden. Bei einem Staatsbankett in Berlin hatte sie erklärt, Spaltungstendenzen Europas seien "gefährlich", und ihr Land habe "immer eine Schlüsselrolle in Europa" gespielt. Vor kurzem hatte auch Prinz William Europafreundliches in eine Rede einfliessen lassen und so bei Brexit-Befürwortern Ärger erregt.
Was die Royals freilich privat denken, weiss niemand genau zu sagen. Wenige Tage vor dem schottischen Unabhängigkeits-Referendum im Herbst 2014 hatte die Königin ihre Untertanen ja immerhin gemahnt, bei der Entscheidung besser "sehr sorgsam über die Zukunft nachzudenken". Als Premier Cameron ihr später die Nachricht vom Erhalt des Königreichs mitteilte, soll sie - so Cameron - "geschnurrt" haben vor Vergnügen. Für die Öffentlichkeit war das aber nicht gedacht. Dort fällt die Maske nur selten. Da hat sich die Monarchin im Griff.