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Aufregung um Budgetgespräche

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

EU-Parlamentarier lehnen Kompromiss zur Haushaltsplanung der Union ab.


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Brüssel. Es gibt Einigungen, die einfach nicht wahr werden wollen. Die Beschlüsse zur mehrjährigen Haushaltsplanung für die EU sind ein Beispiel dafür. So haben sich die europäischen Staats- und Regierungschefs - nach mehreren Anläufen - im Februar auf einen finanziellen Fahrplan für die Jahre 2014 bis 2020 verständigt. Das EU-Parlament war damit aber nicht zufrieden. Darauf folgten monatelange Gespräche zwischen Vertretern des Abgeordnetenhauses, der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten. Die letzte Runde dauerte mit Unterbrechungen fast 24 Stunden. Mittwochnacht verkündete Irland, derzeit EU-Vorsitzland, dann den Abschluss der Verhandlungen. Vizepremier Eamon Gilmore frohlockte: "Es ist ein sehr guter Tag für Europa." Doch schon am nächsten war von der positiven Stimmung nicht mehr viel geblieben.

Stattdessen sprachen EU-Parlamentarier von "Manipulation" und "Irreführung". Es möge ja einen Kompromiss gegeben haben, aber eine Basis für die Zustimmung der Volksvertretung sei noch nicht da. Deren Chefverhandler, der CDU-Mandatar Reimer Böge, legte sein Amt des Berichterstatters nieder. Er könne nämlich "keine verbindliche Unterstützung, geschweige denn Verteidigung der vorliegenden Texte gewährleisten".

Die Aufregung hat mit dem schwierigen Weg zu tun, den die EU-Gesetzgebung nimmt. Die Kommission legt einen Vorschlag vor, die Länder feilschen dann mit ihr und untereinander um die Höhe und Verteilung der Mittel. Haben sie sich auf einen Budgetplan geeinigt, muss dem dann aber auch das Europäische Parlament zustimmen. Und dieses Mitspracherecht will es ausspielen. Von Anfang an hat es mehr Geld für die EU und größere Flexibilität bei der Verwendung der Mittel gefordert als die Staaten bereit waren zu gewähren. Doch konnten sich die Länder nur zu geringen Zugeständnissen durchringen.

Weniger Ausgaben für EU

So war schon früh klar, dass es an der Obergrenze der Ausgaben nichts zu rütteln geben wird. Die Abgeordneten müssen sich damit abfinden, dass künftig weniger Geld zur Verfügung steht als in der heuer zu Ende gehenden Periode. Die Höhe der finanziellen Zusagen der EU wird - wie im Februar vereinbart - an die 960 Milliarden Euro betragen, gemeinsam mit ein paar zusätzlichen Programmen knapp 997 Milliarden Euro. Die tatsächlichen Zahlungen in den kommenden sieben Jahren sollen 908 Milliarden Euro betragen. Die größten Posten machen dabei die Ausgaben für Strukturfonds und die Landwirtschaft aus. Die Fördertöpfe für den Ausbau der Infrastruktur und zur Stärkung ärmerer Regionen sollen mit 325 Milliarden Euro gespeist werden. Die Zusagen für die Agrarsubventionen sollen sich auf rund 373 Milliarden Euro belaufen, wovon mehr als zwei Drittel als Direktzahlungen an die Bauern und in Marktausgaben fließen.

Doch wenn die Mittel schon geringer werden, sollten sie wenigstens flexibler eingesetzt werden können als bisher, meint das EU-Parlament. So könnte Geld, das nicht genutzt wird, zwischen den einzelnen Posten verschoben werden. Diese Idee gefällt den Mitgliedsstaaten aber wenig. Eher sind sie zu Zusagen bereit, dass nicht abgerufene Mittel länger im gemeinsamen Budget bleiben. Bisher flossen sie von Jahr zu Jahr in die nationalen Haushalte zurück. Mit einer anderen langjährigen Forderung, der nach Etablierung einer eigenen Einnahmequelle für die Union, hat sich das Abgeordnetenhaus ebenfalls bis jetzt nicht durchsetzen können.

Daher zeigte sich der Vizepräsident des Parlaments, Othmar Karas, nach dem Rücktritt Böges solidarisch mit seinem Parteikollegen von der Europäischen Volkspartei. Er teile dessen Kritik am Verhandlungsstil der Länder. Auch der Fraktionsführer der Sozialdemokraten, Hannes Swoboda, brachte seine Enttäuschung zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten den Mandataren nicht entgegenkommen wollen. Die Grünen sprachen von "Erpressungsversuchen" der Länder und die Liberalen von einer "inakzeptablen" Machtdemonstration.

Trotz der Einwände wollen die Iren den nun vorliegenden Kompromissvorschlag ihren europäischen Kollegen in der kommenden Woche präsentieren. Am Dienstag sollen die Außen- und Europaminister bei einem Treffen in Luxemburg über den Entwurf beraten.

Die Zeit drängt: Sollte das Budget nicht in den kommenden Wochen beschlossen werden, wären etliche Projekte, die es langfristig zu planen gilt, zunächst einmal in Gefahr. Ein Votum im Parlament noch im Sommer würde das verhindern. Ob es aber stattfindet, ist nun fraglich.