Parteispaltungen und Nationaldressen: Im polnischen Parlament aber auch im Fußball rumort es.
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Nun möchte er doch das Tempo beschleunigen. Ursprünglich wollte der polnische Premier Donald Tusk bis Jahresende mit der Bildung einer neuen Regierung warten. Bis dahin hat Polen nämlich den EU-Vorsitz inne und mit dem Management diverser multinationaler Krisentreffen zur Euro-Rettung ohnehin genug zu tun - auch wenn das Land selbst noch gar nicht die Gemeinschaftswährung eingeführt hat. Doch ist es andererseits gerade die Finanzkrise, die Tusk nun zu rascherem Handeln zwingt. Denn auch Polen hat mit einem wachsenden Budgetdefizit zu kämpfen und muss notwendige Reformen einleiten.
So hat der designierte Ministerpräsident - der erste, der nach 1989 bei einem Urnengang in seinem Amt bestätigt wurde - einen Monat nach der Parlamentswahl dem Staatspräsidenten angekündigt, dass er bis Ende der kommenden Woche sein Kabinett formen werde. Es wird erneut eine Koalition aus Tusks rechtsliberaler Bürgerplattform (PO) und der Bauernpartei PSL sein.
In der Zwischenzeit rumort es im rechten politischen Lager im Parlament. Ein leises Murren ging schon durch die Reihen der PO ob der Geheimniskrämerei bei der Zusammensetzung der neuen Regierung, doch wird Tusks Autorität nicht offen angegriffen.
Lauter geht es da in der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski zu. Die schloss nämlich einen ihrer prominentesten Vertreter, Ex-Justizminister Zbigniew Ziobro, sowie zwei weitere EU-Abgeordnete aus, was prompt zu einer Abspaltung in der Partei führte. Die Anhänger Ziobros, der Kaczynskis autoritären Führungsstil kritisiert und Reformen in der PiS gefordert hatte, beschlossen, eine eigene Fraktion im Parlament zu gründen. "Solidarisches Polen" nennen sie sich. Und sie wollen PiS-Mitglieder bleiben, was aber laut Parteiführung den Statuten widerspricht.
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Mehr als die Bewegungen im Sejm, im Parlament, erschüttert aber etliche Polen eine Entscheidung des Polnischen Fußballverbandes (PZPN). Der hat vor kurzem die Dressen präsentiert, in denen die polnischen Kicker bei der Fußball-Europameisterschaft im kommenden Jahr auflaufen werden. Doch nicht das, was auf den Trikots zu sehen ist, sorgt für Empörung, sondern das, was fehlt. Es ist der weiße Adler, das Wappentier Polens.
Stattdessen prangt auf den weißen und roten T-Shirts das Logo des PZPN und jenes des Produzenten Nike. Die Fans protestieren bereits, in öffentlichen Briefen und auch bereits auf den Tribünen. Der ehemalige Fußballer und Ex-Trainer der Nationalmannschaft, Jacek Gmoch, zeigte sich in einer Erklärung entrüstet: Nicht einmal das sozialistische Regime habe es gewagt, an den nationalen Symbolen auf den Dressen zu rütteln. Die höchsten Regierungsstellen und auch Staatspräsident Bronislaw Komorowski sollten sich der Angelegenheit annehmen, zum Schutze des Staatswappens.
Komorowski selbst versteht den Beschluss des Verbandes nicht. Irgendjemand sollte diese Entscheidung vernünftig erklären, meinte er in einem Radiointerview.