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Aufsichtsrat und schlechte Zeiten

Von Susanne Kalss und Janine Oelkers

Wirtschaft
In weniger guten Zeiten wird der Vorstand genau unter die Lupe genommen. Foto: bb

Überwachung in Krisensituationen. | Keine Leitung der Gesellschaft. | Pflichten nicht überspannen. | Wien. Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen. Diese programmatische Vorgabe bildet die Grundlage der aktienrechtlichen Aufsichtsratstätigkeit und steckt zugleich deren Grenzen ab: Die Gesellschaft zu leiten, ist nicht Aufgabe des Aufsichtsrats, denn dies obliegt dem Vorstand.


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Von der Begleitung zur Unterstützung

Der Kontrollauftrag des Aufsichtsrats ist anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu konkretisieren, daneben beeinflussen die Unternehmensgröße, die Zusammensetzung des Aufsichtsgremiums sowie schließlich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens die Intensität der Überwachung. Bereits bei einer sich abzeichnenden Krise hat der Aufsichtsrat seine Einflussnahme auf das Unternehmen von der schlicht überwachenden Begleitung zu einer so genannten unterstützenden Überwachung zu verstärken. In der praktischen Umsetzung bedeutet das, dass die Dauer und auch die Frequenz der Aufsichtsratssitzungen ansteigen und dass detaillierte Vorstandsberichte anzufordern und zu beraten sind. Der Aufsichtsrat hat zudem vermehrt Zustimmungsvorbehalte für Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstands, insbesondere für heikle unternehmenspolitische Entscheidungen, festzulegen. Vielfach werden diese Beschlüsse nicht in Sitzungen, sondern in schriftlicher Form gefasst.

Verschärft sich die Krise weiter, sodass sie auch die Ertragslage des Unternehmens berührt, intensiviert sich die Kontrollpflicht des Aufsichtsrats nochmals: Er ist nun zu einer so genannten gestaltenden Überwachung verpflichtet. Das bedeutet, er muss darauf hinwirken, dass der Vorstand die Ursachen der Ertragskrise erschöpfend analysiert und ein taugliches Konzept zur Bewältigung der Krise entwickelt.

Sicherstellung der

Führungskompetenz

Um sicher zu gehen, dass der Vorstand seiner Führungsaufgabe gewachsen ist, kann der Aufsichtsrat Sachverständige zur Prüfung einzelner unternehmerischer Entscheidungen sowie zur Entwicklung eines Sanierungskonzepts beiziehen. Ebenso hat der Aufsichtsrat seine Personalkompetenz wahrzunehmen, indem er etwa die Geschäftsverteilung ändert oder als äußerstes Mittel den Vorstand oder einzelne seiner Mitglieder vorzeitig abberuft.

Gerät die Gesellschaft trotz der Sanierungsbemühungen in eine akute Liquiditätskrise, hat der Aufsichtsrat nunmehr darüber zu wachen, dass der Vorstand die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei Eintritt von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung rechtzeitig, also binnen sechzig Tagen, beantragt. Verabsäumt er dies, haftet er gegenüber den zu Schaden kommenden Gläubigern, obwohl er selbst zur Konkursantragsstellung nicht berechtigt ist. Die Problematik liegt in der rechtzeitigen Informationserlangung durch die Aufsichtsratsmitglieder. Da diese auf den Vorstand angewiesen sind, dürfen ihre Pflichten nicht überspannt werden.

Pflichten reduzieren sich mit Konkurs

Mit Einleitung des Konkursverfahrens reduzieren sich die Pflichten des Aufsichtsrats drastisch. Er bleibt zwar im Amt, verliert aber seine Hauptaufgabe, nämlich die Überwachung des Vorstands, da die Vertretungsbefugnis des Vorstands durch den Masseverwalter umfassend verdrängt wird.

Susanne Kalss ist Universitätsprofessorin an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU). Janine Oelkers ist Lehrbeauftragte an der WU. Der ausführliche Text ist in der Februarausgabe der Fachzeitschrift Aufsichtsrat aktuell des Linde Verlags erschienen.