Aufsichtsräte in österreichischen Unternehmen sollen ihre Aufgabe ernst nehmen. Unter dem Motto "Weniger ist mehr" empfehlen deshalb Kapitalmarktexperten im "Austrian Code of Corporate Governance" eine Beschränkung der Anzahl der Mandate. Wer dem Vorstand einer börsenotierten Gesellschaft angehört, sollte insgesamt nicht mehr als 4 Aufsichtsratsmandate (der Vorsitz zählt doppelt) innehaben. Nicht aktiv im Vorstand tätige Personen dürfen bis zu 8 Mandate wahrnehmen.
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"Die Öffentlichkeit hat den Eindruck, Aufsichtsrat ist ein Pro-Forma-Posten", sagte der Regierungsbeauftragte für den Kapitalmarkt, Richard Schenz, gestern, Dienstag, bei der Präsentation des endgültigen Entwurfs des Kodex - laut Schenz ein "Meilenstein zur Verbesserung des Vertrauens der Anleger." Der 79 Punkte umfassende Kodex schreibt - wie berichtet - Grundsätze guter Unternehmensführung fest und besteht aus zwingenden Rechtsvorschriften und Empfehlungen.
Dass es in Österreich möglich ist, mehr als 10 Aufsichtsratsmandate inne zu haben, finden Schenz und die Fachleute, die den Kodex ausgearbeitet haben, gar nicht gut, zumal aus Zeitgründen nicht alle Pflichten gegenüber dem Vorstand erfüllt werden könnten. Daher der Vorschlag der zahlenmäßigen Beschränkung der Mandate auf 4 bzw. 8. Schenz: "Das ist ein Scheunentor, wo selbst der dickste Spitzenmanager durchkommt." Weiters soll im Bericht des Aufsichtsrates vermerkt werden, wenn ein Aufsichtsratsmitglied mehr als die Hälfte der Sitzungen "schwänzt". Dabei handelt es sich sogar um eine sogenannte "C" (Comply or Explain)-Regelung, d.h. wenn die Regel nicht eingehalten wird, muss dies vom Unternehmen erklärt und begründet werden. Insgesamt beruht der Kodex aber auf Freiwilligkeit. Unternehmen, die sich öffentlich dazu bekennen, sollen regelmäßig überprüft werden. Wie das vonstatten gehen soll, ist noch offen. Schenz könnte sich vorstellen, dass eine Arbeitsgruppe oder ein Verein gegründet wird. Prinzipiell werden aber die Marktkräfte die Einhaltung sicherstellen, meint Schenz. Die (noch) fehlende Kontrolle wurde gestern von der Arbeiterkammer (AK) kritisiert.
Friedrich Mostböck, Leiter des Bereichs Research in der Erste Bank AG und Vorstandsmitglied der Österreichischen Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung (ÖVFA), geht davon aus, dass sich die meisten Unternehmen für die Umsetzung einen Zeitrahmen von eineinhalb bis zwei Jahren setzen. Neben den Aufgaben von Aufsichtsrat und Vorstand gibt der Code auch Empfehlungen bezüglich Rechnungslegung, Publizität, Investor Relations und Abschlussprüfung.
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