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Aufsichtsratschef nicht informiert

Von Wolfgang Zaunbauer

Politik

Weninger will von Sondergeschäften | nichts gewusst haben. | Flöttl soll sich | nicht an Strategien gehalten haben. | Beschwerde gegen Elsners U-Haft beim Oberlandesgericht. | Wien. Nachdem Richterin Claudia Bandion-Ortner bereits am Mittwoch die Kleiderordnung gelockert hatte - Sakkos durften abgelegt werden -, erschien Helmut Elsner am Donnerstag gleich von Anfang an ohne Kittel. Abgesehen von zwei beantragten Pausen - um sich mit Sauerstoff versorgen zu lassen und um die Toilette aufzusuchen - fiel der Hauptangeklagte im Prozess um veruntreute Bawag-Gelder und manipulierte Bilanzen jedoch kaum auf.


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Im Zentrum des vierten Verhandlungstages standen die Schilderungen vier anderer Angeklagter zu den Spekulationsverlusten (1,4 Milliarden Euro) zwischen 1998 und 2000 durch den Investmentbanker Wolfgang Flöttl.

Den Beginn machte Peter Nakowitz, in besagtem Zeitraum Bawag-Generalsekretär und Pressesprecher, ab 2003 im Vorstand der Bank. Die Verluste vom Oktober 1998, als die Bawag infolge unerwarteter Kursentwicklungen in Asien über 600 Millionen Euro verlor, bezeichnete Nakowitz als "Jahrhundertereignis", das halt in die falsche Richtung gegangen sei. Er selbst sei damals und in den Folgejahren, als beim Versuch, die Verluste wettzumachen weitere 800 Millionen in den Sand gesetzt wurden, kein Entscheidungsträger gewesen. Auf die Frage der Richterin, wer denn dafür verantwortlich sei, sagte Nakowitz: "Ich möchte keine Schuldzuweisungen machen", deutete aber an, dass sich Flöttl nicht an vereinbarte Strategien gehalten habe.

Angst vor dem Run

Brisant waren die Aussagen von Ex-Bawag-Aufsichtsratspräsident Günter Weninger zu den Verlusten. Dieser gab an, erstmals im Oktober 1998 über die Sondergeschäfte der Bawag mit Flöttl informiert worden zu sein, als die Verluste bereits eingetreten waren. Damals habe er mit sich gerungen, ob er den Aufsichtsrat (AR) informieren soll oder nicht. Da jedoch die Gefahr bestand, dass dieser die Information nach außen tragen könnte, was möglicherweise zu einem Run auf die Bank geführt hätte, habe er im Einklang mit dem Aktiengesetz das Wohl der Bawag vor das Informationsinteresse des AR gestellt und diesen daher nicht informiert. Seine Zustimmung zu einer weiteren Zusammenarbeit mit Flöttl habe er an gewisse Bedingungen geknüpft, etwa die Einbeziehung eines Wirtschaftsprüfers, sagte Weninger.

In der Folge habe ihm Elsner zu verstehen gegeben, dass alles in Ordnung sei. "Von den Verlusten in den Jahren 1999 und 2000 habe ich überhaupt nichts erfahren", sagte der Ex-ÖGB-Finanzchef. Schließlich habe er Kontakt mit ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch aufgenommen, der dann die Zusage für eine Garantie des Gewerkschaftsbundes für seine Bank gab. Sein Verhalten sei in der damaligen Situation richtig gewesen, sagte Weninger, aber: "Ich ärgere mich, dass mich Elsner nicht vollständig informiert hat."

"Schwieriges Umfeld"

Während sich Weninger bei der Schuldfrage nicht festlegen wollte, sah der ebenfalls angeklagte Ex-Bawag-Vorstand Josef Schwarzecker in einem "Auseinanderklaffen von Entscheidungen und was daraus gemacht wurde" die Ursache der Verluste.

Indirekt deutet Schwarzecker - der entgegen früheren Darstellungen seines Anwalts, er sei als Techniker mit der Materie nicht vertraut, durch großes Bank-Fachwissen überzeugte - an, dass Flöttl sich nicht an die vereinbarte Strategie gehalten hat. Allerdings räumt der Banker ein, dass es gerade angesichts der Asien-Krise ein "extrem schwieriges" Umfeld gewesen sei. Was das damalige Klima innerhalb des Bawag-Vorstands betrifft, sei dies "nicht total versaut" gewesen, so Schwarzecker. Damit widersprach er seinem früheren Kollegen Christian Büttner. Dieser hatte zuvor seinen vergeblichen Versuch geschildert, die Sondergeschäfte mit Flöttl 1998 zu beenden und den damaligen Bawag-Anteilseigner Bayerische Landesbank zu informieren. Allerdings sei er, so Büttner, von einem Mitarbeiter bei Elsner "verpfiffen" worden, was zu heftigen Auseinandersetzungen mit Elsner geführt habe.

Verantwortlich für die Verluste sei bei den ersten beiden Wellen schlechtes Asset-Management gewesen, sagte Büttner. Beim Totalverlust im Jahr 2000 hingegen sei, obwohl sieben Risikokategorien vereinbart worden seien, alles auf eine Karte gesetzt worden.

Schubert kämpft weiter

Nachdem der Schöffensenat am Mittwoch einen Antrag von Helmut Elsners Anwalt auf Aufhebung der Untersuchungshaft seines Mandanten abgelehnt hat, kündigte Wolfgang Schubert an, beim Oberlandesgericht Beschwerde gegen diesen Beschluss zu erheben. Notfalls will der Jurist über den Obersten Gerichtshof bis zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof ziehen. 12