Staatsanwälte und Richter üben Kritik an Bandion-Ortner. | Ministerin: "Kein politischer Einfluss." | SPÖ und ÖVP für Unterausschuss. | Wien. Im Justizministerium hängt der Haussegen schief. Und das nicht erst seit gestern. | Analyse: Das Weisungsrecht eignet sich nicht als pädagogisches Instrument
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Beklagten sich Richter und Staatsanwaltschaften zuletzt noch über Personalmangel oder auch angebliche Übergehungen - demnach sollen die Standesvertreter dezidiert nicht zu einem Expertengespräch zum Thema "Kommunikation in der Justiz" eingeladen worden sein -, so richtet sich nun deren Unmut direkt gegen die Hausherrin: Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.
Mit den Plänen der Politikerin, sich künftig mehr in laufende große Korruptionsverfahren wie etwa der Buwog einzumischen und notfalls auch von ihrem ministeriellen Weisungsrecht Gebrauch zu machen, will sich im Haus niemand anfreunden. Scharfe Kritik am Vorgehen Bandion-Ortners übte am Dienstag der Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, Gerhard Jarosch. Besonders erzürnt zeigte sich der Jurist über die Weisung der Ministerin an die Wiener Staatsanwaltschaft, im Fall Buwog binnen drei Monaten über eine etwaige Anklageerhebung zu befinden. "Das ist naiv zu glauben, eine Deadline für das Ende eines Verfahrens zu setzen", sagte Jarosch. Darüber hinaus seien diese Fälle meist "sehr kompliziert" und die Verzögerungen daher nicht einfach erklärbar. Auch dafür, dass Staatsanwälte, die mit prominenten Fällen beschäftigt sind, wöchentliche Berichte an das Justizministerium abliefern sollen, hat Jarosch kein Verständnis - und konterte mit einer Gegenfrage: "Und wann sollen wir dann arbeiten?"
Geht es nach ihm, so soll das ministerielle Weisungsrecht überhaupt abgeschafft und die Personalhoheit im Justizbereich einem unabhängigen Gremium übertragen werden. "Die Menschen glauben, da wird parteipolitischer Einfluss ausgeübt", meinte Jarosch und machte diese Optik für das schlechte Image verantwortlich.
Politischer Einfluss?
Sekundiert wurde der Oberstaatsanwalt vom Präsidenten der Richtervereinigung, Werner Zinkl. Demnach sei der aktuelle Vertrauensverlust in die Justiz nicht, wie Bandion-Ortner kritisierte, in der "mangelnden Bereitschaft der Staatsanwälte, in politisch heiklen Fällen zu ermitteln", zu suchen. "Der Grund liegt vielmehr darin, dass durch das Verhalten der Politik, zu dem auch die Ministerin beiträgt, der Eindruck parteipolitischer Einflussmöglichkeiten auf Prominenten-Verfahren erweckt wird", so Zinkl.
Ähnlich kritisch wird das Weisungsrecht von der Vereinigung österreichischer Strafverteidiger gesehen. So sei das Setzen zeitlicher Limits "ein gänzlich ungeeignetes Instrument dafür, um sicherzustellen, dass Entscheidungen der Anklagebehörde auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage und rechtsstaatlich korrekt getroffen werden", erklärte ihr Sprecher, Richard Soyer, am Dienstag.
"Anwälte des Staates"
Im Büro von Justizministerin Bandion-Ortner, die am Dienstag beim Justizministerrat in Luxemburg weilte, ist man über die Aufregung verwundert. "Es gibt keinen parteipolitischen Einfluss", betonte ein Sprecher gegenüber der "Wiener Zeitung". Und auf die Kritik am Weisungsrecht replizierend: "Die Staatsanwälte sind Anwälte des Staates und damit ist es auch in Ordnung, wenn die Ministerin hier etwas sagt." Bandion-Ortner habe mit ihrer Ankündigung, sich mittels Weisungen einzuschalten, ein Signal an die Bevölkerung geben wollen, sagte der Sprecher. "Die Botschaft war: Es tut sich was." Dass die Justiz einen Tag nach der ministeriellen Ankündigung gleich in mehreren großen Fällen - NS-Wiederbetätigung und Buwog - Erfolge eingefahren hat, hält man im Justizministerium für einen Zufall. "In diesen Verfahren gab es keine Weisungen, wir leisten einfach nur gute Arbeit", hieß es.
Dass gute Arbeit geleistet wird, glauben auch ÖVP und SPÖ. Nur galt deren Lob der Justizministerin und nicht etwa der Staatsanwaltschaft. Diese sei offenbar "ein Staat im Staate mit Neigung zur Präpotenz", erklärte der Klubchef der Volkspartei, Karlheinz Kopf, und sprach von einem "unhaltbaren Zustand". Anstelle des Generalstaatsanwaltes brauche es vielmehr eine Kontrolle der Staatsanwälte durch das Parlament. "Diese Kontrolle könnte über einen Unterausschuss zum Justizausschuss stattfinden", schlug Kopf vor. Als "durchaus überlegenswert" bezeichnete diese Idee SPÖ-Klubchef Josef Cap und verteidigte die Initiative Bandion-Ortners. Rückendeckung für die Ministerin kam auch von Bundeskanzler Werner Faymann: "Wenn eine Weisung zu einer rascheren Behandlung beitragen kann, dann bin ich dafür."