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Auftakt zum großen Feilschen

Von Martyna Czarnowska

Politik

Die EU-Kommission möchte mehr Geld für die Union. Einwände aus den Ländern sind gewiss.


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Brüssel/Wien. Günther Oettinger zählt die Tage. Per Kurznachrichtendienst Twitter lässt der EU-Haushaltskommissar den Countdown runterlaufen bis zur Präsentation des Budgetplans für die Gemeinschaft. Doch wenn der Deutsche am Mittwoch den finanziellen Rahmen für die Jahre 2021 bis 2027 vorstellt, wird er viele Einwände ernten. Und es wird erst der Auftakt zu einem langen Feilschen zwischen den EU-Institutionen werden - wie üblich, wenn es ums Geld geht.

Denn die Kommission und das EU-Parlament wollen meist mehr Mittel für die Union aufgebracht sehen, als die Mitgliedstaaten bereit sind, zur Verfügung zu stellen. Vor allem die so genannten Nettozahler, jene Länder, die mehr Geld nach Brüssel überweisen als sie aus dem gemeinsamen Haushalt erhalten. Selbst wenn es Ausnahmen davon geben mag und sich Deutschland etwa schon bereit erklärt hat, mehr ins EU-Budget einzuzahlen, will Berlin das an bestimmte Bedingungen knüpfen. Die wiederum gefallen anderen Mitgliedern weniger. So liegt die deutsche Forderung auf dem Tisch, die Vergabe von Fördermitteln für die Infrastruktur an Kriterien der Rechtsstaatlichkeit zu knüpfen oder mehr Geld Ländern zukommen zu lassen, die mehr Flüchtlinge als andere aufnehmen.

Zwist um Fördertöpfe

Das stößt beispielsweise in Warschau und Budapest auf wenig Verständnis. Gegen Polen hat die EU-Kommission ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit eingeleitet. Und wie jene in Ungarn weigert sich die Regierung in Warschau, an der Aufteilung von Asylwerbern in der EU teilzunehmen. Wenn dies aber eine Voraussetzung für Auszahlungen aus den Strukturfonds wäre, würde dies gerade Polen treffen. Denn das Land profitiert wie kein anderes von diesen Fördermitteln: Zuletzt hat es mehr als fünf Milliarden Euro an Strukturhilfen erhalten - pro Jahr. Weitere wesentliche Beträge fließen nach Italien, Rumänien, Spanien, Tschechien und Ungarn.

Gegen finanzielle Einschnitte in diesem Bereich würden sich diese Staaten daher wohl wehren - so wie andere Länder Einwände gegen Einsparungen im Agrarbudget erheben würden. Gerade aber bei diesen zwei Haushaltsposten will die Kommission leichte Kürzungen vornehmen. Auf die beiden entfallen drei Viertel der Ausgaben der EU, die sich jährlich auf insgesamt rund 160 Milliarden Euro belaufen. Der laufende Siebenjahresplan ist tausend Milliarden Euro schwer. Das entspricht einem Prozent der Wirtschaftsleistung.

Zwar wollen die meisten Nettozahler nicht darüber hinaus gehen. Doch möchten sie ebenso wenig Finanzhilfen verlieren. Ein Beispiel dafür ist Österreich, das Agrarförderungen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr erhält.

Geht es allerdings nach der EU-Kommission, werden die Mitgliedstaaten ihre Beiträge an die Union sehr wohl erhöhen müssen. Denn zum einen wird nach dem EU-Austritt Großbritanniens eine Einnahmenlücke klaffen, die auf zehn bis 13 Milliarden Euro geschätzt wird. Zum anderen sollen zusätzliche Mittel für den Schutz der EU-Außengrenzen sowie die Herausforderungen der Migration bereit gestellt werden.

Ideen für neue Einnahmen

Daher hat Oettinger bereits klar gemacht, dass die Höhe des Budgets künftig nicht ein sondern mindestens 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen soll. Er möchte die Ausgaben für den Grenzschutz ebenso wie für Forschung erhöhen. Umgekehrt sind Kürzungen eben bei den Agrar- und Strukturhilfen geplant - von sechs Prozent weniger war zuletzt die Rede.

Auf der anderen Seite hat der Kommissar aber auch Ideen parat, wie die Einnahmen der Union zusätzlich gesteigert werden könnten - abseits der Mitgliedsbeiträge. Diese machen bisher nämlich den größten Anteil des gemeinsamen Budgets aus. Lediglich ein Fünftel des Haushalts sind als Eigenmittel zu bezeichnen: Es sind Einnahmen aus Zöllen sowie einem Teil der Mehrwertsteuer.

Die Kommission plädiert daher, ähnlich wie das EU-Parlament, schon seit langem dafür, diesen Anteil zu erhöhen. So war einer der - bisher gescheiterten - Pläne jener, eine Steuer auf Finanztransaktionen zu etablieren. Mittlerweile hat Oettinger die Einführung einer Plastiksteuer ins Gespräch gebracht. Außerdem kann er sich vorstellen, Einnahmen aus dem System zum Emissionshandel für die EU zu verwenden.

Auch das wird unter den Mitgliedstaaten für heftige Debatten sorgen. Länger als ein Jahr sollten sich die Verhandlungen aber nicht hinziehen. Denn danach beginnt schon die Kampagne für die nächsten Europawahlen.