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Aufzugshersteller zu Rekordstrafe verdonnert

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Kronzeuge kommt vorerst billig davon. | Immofinanz will zusätzlich auf Schadenersatz klagen. | Wien. Der spektakulärste Kartellprozess, der die heimische Wettbewerbsaufsicht je beschäftigt hat, endete mit einer Rekordstrafe. Die fünf Aufzugs- und Rolltreppenhersteller Otis, Kone, Schindler, Haushahn und Doppelmayr müssen wegen jahrelanger Geheimabsprachen insgesamt 75,4 Mio. Euro Geldbuße zahlen, wie das Oberlandesgericht Wien nun entschieden hat. Das ist mit Abstand die höchste jemals in Österreich verhängte Strafe wegen Wettbewerbsverstößen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Zumindest bei Schindler erwägt man, Rekurs einzulegen.


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Da zu dem Schweizer Konzern nicht nur dessen Österreich-Tochter, sondern auch Haushahn und Doppelmayr gehören, trifft das Aufzugs-Imperium die Strafe besonders hart (siehe Grafik).

Deutlich billiger sind die beiden Kronzeugen Thyssen-Krupp und Otis davongekommen. Thyssen hat von Beginn an mit der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) kooperiert und blieb zunächst überhaupt straffrei. Otis hat als zweiter Kronzeuge ausgesagt und erhielt eine Strafmilderung um 50 Prozent.

BWB-Sprecher Stefan Keznickl zeigt sich hocherfreut: Das seit 2005 bestehende Kronzeugen-System habe seine Bewährungsprobe bestanden. Die Höhe der Geldbuße habe gezeigt, dass Kartellabsprachen keine Kavaliersdelikte seien.

AK fordert Rückzahlung

Dafür, dass sich die Wettbewerbsverstöße auch für den Haupt-Kronzeugen Thyssen nicht lohnen, könnte die Immofinanz-Gruppe - einer der größten privaten Wohnungseigentümer des Landes - sorgen. Seit dem Frühjahr betreibt diese ein Kartellverfahren, das darauf abzielt, die Wartungskosten für Lifte zu senken. Die entsprechenden Verträge seien, so ein Sprecher des Unternehmens, zu Kartell-Zeiten "überteuert" abgeschlossen worden.

Von dem Verfahren sind laut Kartellrechtsexperten Raoul Hoffer, der die Immofinanz in dieser Causa als Anwalt vertritt, die Kronzeugen nicht ausgeschlossen. Selbiges könne auch für Schadenersatzklagen gelten, die man möglicherweise parallel dazu starten werde. Die Immofinanz fühlt sich durch das aktuelle Urteil bestärkt. Die Entscheidung nehme in Hinblick auf die angestrebten Rechtsschritte "einiges vorweg". Die Arbeiterkammer (AK) hofft generell auf Rückzahlungen an die Mieter. Diese sollten von ihren Hausverwaltern Neuverhandlungen der Wartungsverträge verlangen.