Manager werden reihenweise entlassen | Thyssen-Krupp erhält Kronzeugenregelung | Die Kartellstrafe der EU gegen die vier führenden Aufzugs- und Rolltreppenhersteller bringt die Branche in Aufruhr: Die Hersteller bezichtigen einander nach Informationen des deutschen "Handelsblatts" unerlaubter Preisabsprachen, um vor nationalen Kartellbehörden in den Genuss von Kronzeugenregelungen zu kommen und Strafen zu entgehen. Aktuell geschieht dies auch in Österreich.
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Führende Manager in den betroffenen Ländern werden reihenweise entlassen. Das Verfahren nimmt Ausmaße an, die deutlich über die von der EU genannten Länder hinausgehen, heißt es in dem Vorab-Zeitungsbericht.
Brüssel hatte vorige Woche gegen die Aufzughersteller Thyssen-Krupp aus Deutschland, Kone aus Finnland, Otis aus den USA und die Schweizer Schindler-Gruppe Bußgelder wegen verbotener Preisabsprachen in einer Rekordhöhe von insgesamt 992 Mio. Euro verhängt. Die Kommission wirft den Unternehmen vor, in den Jahren 1995 bis 2004 in Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden Preise festgesetzt, und Ausschreibungen manipuliert zu haben. Thyssen-Krupp muss mit 479 Mio. Euro die höchste jemals verhängte Einzelstrafe zahlen.
Die Untersuchungen der EU haben zunächst in Österreich dazu geführt, dass auch das hierzulande praktizierte Aufzugskartell aufgeflogen ist.
Nach "Handelsblatt"-Informationen aus Konzernkreisen hat der Thyssen-Krupp-Konzern, der nicht erneut als Hauptschuldiger dastehen will, gegenüber der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in Wien als erstes Unternehmen Kartellverstöße eingeräumt und sich damit unter den Schutz der Kronzeugenregelung begeben.
Die österreichische BWB hat gegen die anderen Hersteller bereits hohe Geldbußen beantragt. Einer von ihnen hat laut "Handelsblatt" darauf ebenfalls ausgepackt und kann jetzt mit einer niedrigeren Strafe rechnen. Der Fall liegt inzwischen vor dem Kartellgericht in Wien.
Der Ruhrkonzern dürfte wegen der "Kronzeugenregelung" ganz straffrei ausgehen, mutmaßt das Blatt. Ein Sprecher von Thyssen-Krupp wollte den Vorgang nicht kommentieren.
Hauptbetroffener ist nun der Schweizer Schindler-Konzern. Bei ihm mussten in den vergangenen Tagen gleich drei Führungskräfte gehen: Der ehemalige Österreich-Chef Hans-Peter Schwarz sowie zwei Regionalleiter in Salzburg und Wien. Auch der österreichische Kone-Chef Karl Minich ist wie berichtet bereits abgelöst und durch den bisherigen Deutschland-Chef ersetzt worden. Gegangen ist auch der Otis-Vorstand in Österreich Peter Schweng.
Der Skandal in Österreich untergräbt laut "Handelsblatt" die Argumentation der Aufzughersteller, die bei dem von der EU aufgedeckten Preisabsprachen nur von einem begrenzten Problem auf "kleinen Märkten" sprechen.