Zum Hauptinhalt springen

Augen auf, Kauf ist Kauf

Von Martin Sattler

Wirtschaft

Übernahmen | richtig planen. | Wo befinden sich neuralgische Punkte? | Wien. Der Gesamtwert aller heuer bereits bekannt gewordenen Übernahmen und Fusionen beträgt umgerechnet 1,1 Billionen Euro, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Die Zahl der Firmenkäufe hat damit einen neuen Rekord erreicht, doch nicht alle Fusionen sind von Erfolg gekrönt. "Immer mehr Übernahmen scheitern oder bringen nicht den gewünschten Erfolg, weil Übernahme-Druck und dadurch ausgelöstes Übernahme-Fieber zu Nachlässigkeit bei der Due Diligence, also der gründlichen Prüfung des zur Übernahme stehenden Unternehmens, führen", diagnostiziert Karl Hengstberger, Übernahmespezialist und Partner beim Wirtschaftsprüfer Hübner&Hübner.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Was bedeutet aber Due Diligence genau beziehungsweise wo liegen die damit verbundenen Risiken? Unter Due Diligence verstehen Experten die "gebotene Sorgfalt", mit der Unternehmen vor einem Kauf oder einer Verschmelzung geprüft werden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei vor allem auf der Stärken-/Schwächen-Analyse des Kaufobjekts, einer Analyse der mit der Akquisition verbundenen Risiken sowie auf einer fundierte Bewertung des Objekts. Durch die Prüfung der Bilanzen, der rechtlichen und finanziellen Risiken des Unternehmens, der qualitativen und quantitativen Personalressourcen sowie der Positionierung am Markt soll der Käufer ein möglichst genaues Bild des Objekts bekommen, das ihm dann die Kaufbeziehungsweise Preisentscheidung erleichtert.

Daneben werden aber auch Altlasten wie offene Patentstreitigkeiten oder laufende Klagen ehemaliger Kunden und Gläubiger in die Prüfung miteinbezogen.

Vorbereitung wichtig

Wegen des umfangreichen Prüfgegenstandes will aber schon die Vorbereitung gut geplant sein, so Hengstberger. Vor Beginn jeder Prüfung müsse eine Vertraulichkeitserklärung zwischen Kaufinteressent und Verkäufer sicherstellen, dass die gewonnenen Erkenntnisse später nicht anderswo verwertet werden, warnt der Experte vor Betriebsspionage. Außerdem sollten in den Prüfungsteams neben Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern vor allem Branchenkenner und Techniker vertreten sein, die neben der finanziellen Seite auch den Produktionsablauf, die Verwertbarkeit von Patenten und die Qualität des Produktes untersuchen.

Die häufigsten Fehler

Trotzdem passieren immer wieder Fehler bei Due Diligence: So werden etwa die früheren Planbilanzen selten daraufhin geprüft, ob das damals gesetzte Ziel auch tatsächlich erreicht worden ist. Laufende Lieferverträge werden nur sehr oberflächlich untersucht, nicht aber deren Dauer oder die wirtschaftliche Lage des Geschäftspartners. Wichtig sei auch die Berücksichtigung der Ergebnisse früherer Betriebsprüfungen, so Hengstberger. Da die Finanz den Betrieb ebenfalls sehr genau durchleuchtet, könnten in deren Berichten bereits länger bestehende Problembereiche schnell entdeckt werden. So vielseitig der Gegenstand der Prüfung, so breit auch das Spektrum der Kritik an Due Diligence: Durch die unterschiedlichen Interessen von Käufer und Verkäufer würden die Prüfteams zum Teil subjektive Ergebnisse im Interesse des Auftraggebers liefern, um möglichst hohe oder niedrige Kaufpreise zu rechtfertigen. Zudem erschwert die Möglichkeit der unterschiedlichen Rechnung im Steuer- und Finanzrecht einen Vergleich der Betriebszahlen. Letztlich beruhen die Prüfungen großteils auf Zahlen aus vergangenen Perioden, von denen nur beschränkt eine Zukunftsprognose abgeleitet werden kann.

Trotzdem bleibt für die Due Diligence-Prüfer genügend Arbeit, da der Boom an Übernahmen anhält. Denn einerseits ist Geld weiterhin billig, das heißt Übernahmen können über Kredite finanziert werden. Andererseits haben viele Konzerne nach den Schlankheitsprogrammen im Zuge des Börsencrashes zur Jahrtausendwende prall gefüllte Kassen.