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Augenweide Ohrenschmaus

Von Walter Gröbchen

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Kabellose Bluetooth-Kopfhörer erobern den Markt. Was, wenn nicht die alteingesessenen Audio-Spezialisten das beste Angebot haben?


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Realität und Werbebotschaft sind nicht mehr zweifelsfrei unterscheidbar. Derlei kommt einem gelegentlich in den Sinn, liest man sich frischfröhlich durch Fachzeitschriften, Konsumentengazetten und Online-Plattformen zum Thema Alltagstechnik und Unterhaltungselektronik. Ein Beispiel ganz nach meinem Geschmack sind HiFi-Magazine. Davon gibt es im deutschsprachigen Raum einige, und sie halten sich als Papierprodukt am Kiosk hartnäckig (wiewohl die Konkurrenz im Netz zunimmt).

Egal, ob sie "Stereoplay" lesen, "Audio", "Stereo", "HiFi Test" oder eine der teureren, auf edel getrimmten Zeitschriften wie "LP", "Image HiFi" oder "Fidelity" - der Grundton in den Texten ist der Superlativ. Kaum je kommt den Redakteuren dieser Publikationen Schrott unter, fast jedes getestete Gerät ist sehr gut bis herausragend. Man möchte meinen, dass selbst in China heute nur mehr Werthaltiges hergestellt wird, von deutscher Ingenieurskunst ganz zu schweigen. Freilich sagen all die schönen Worte, vielen Bewertungssterne und positiven Test-Fazite wenig aus: Die Klangqualität in den eigenen vier Wänden hat in nicht gerade geringem Maß mit individuellen Faktoren zu tun, die nicht im Labor zur Verfügung stehen. Etwa der Akustik des Raums, dem persönlichen Hörvermögen, der emotionalen Grundverfassung und dem Zusammenspiel vieler Geräte, deren Kombination erst den Sound ergibt, den man schätzt. Oder auch nicht.

Warum ich mir dann solche Magazine kaufe? Gute Frage. Weil es Kataloge gehobenen Buben-Spielzeugs sind, deren Durchblättern allein glücklich macht. Ah, dieser prächtige Verstärker "Made in Japan" mit leuchtenden VU-Metern! Da, ein gewagt konstruierter Plattenspieler, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat! Und so weiter und so fort. Die allmonatliche Lektüre dieser Fachzeitschriften erzeugt ein Grundrauschen des Wohlbehagens - und es stört auch nicht weiter, dass sich kaum etwas verändert von Ausgabe zu Ausgabe. Im Gegenteil: So lange der Produktfluss konstant anhält, steht die Welt draußen wohl noch. Ein beruhigender Gedanke.

Nun bin ich aber dieser Tage doch aufgeschreckt worden: Man hat mir ein Produkt für persönliche Testzwecke zugedacht, das ich noch nie in einem der genannten Magazine erblickt habe (sollte ich irren, bitte ich um Pardon!). Dabei erfüllt es den Zweck der audiophilen Glückseligmachung im Alltag in erstaunlicher Weise. Die Rede ist von Apples AirPods. Das sind kleine kabellose In-Ear-Kopfhörer, die man tunlichst nicht mit den Billigdingern ("EarPods") verwechseln sollte, die der weltgrößte Digitalkonzern vielen seiner Produkte beilegt.

Man hat mir schon länger zugeraunt, ich möge diese Wunderstöpsel doch ausprobieren. Sie seien erstaunlich praktisch, künstlich intelligent und verblüffend wohlklingend. Machen wir’s kurz: Das stimmt alles. Gerade ist die zweite Generation der AirPods auf den Markt gekommen, jetzt hält auch der Akku länger. Ich schätze, manch doppelt und dreifach teurerer HiFi-Kopfhörer bleibt jetzt in der Lade. Und die neue Generation rutscht aus dem elegant-winzigen Ladecase. Warum das kein Thema für die HiFi-Zentralorgane ist? Weil es die alte Ordnung der Welt durcheinanderbringt. Niemals aufhören hat eine fatale Doppelbedeutung.