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Augusto Pinochet und die Korruption: Das politische Ende einer Familie

Von Rainer Mayerhofer

Analysen

Erst im vergangenen September hatte die 63-jährige Lucia Pinochet Hiriart für die Parlamentswahlen im Jahr 2010 ihre Kandidatur als unabhängige Kandidatin angekündigt. Die älteste Tochter des im Dezember 2006 verstorbenen Diktators tat das mit Worten, wie auch ihr Vater sie stets strapaziert hatte: "Ich will gegen das Verbrechen kämpfen, das sich mit den Taten der Politiker der extremen Linken mischt."


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Seit Donnerstagabend ist Lucia gemeinsam mit ihren vier Geschwistern und 17 ehemaligen Vertrauten ihres Vaters in Polizeigewahrsam. Ihre fast 85-jährige Mutter Lucia Hiriart wurde mit Herzbeschwerden ins Militärhospital von Santiago eingeliefert, wohin sich auch der verstorbene Diktator stets bei Problemen mit der Justiz flüchtete.

Dem Pinochet-Clan wird vorgeworfen, sich illegal aus öffentlichen Mitteln bereichert zu haben. Als er vor genau 19 Jahren, am 5. Oktober 1988, unerwartet das Referendum verlor, mit dem er sich eine weitere Amtszeit sichern wollte, sorgte Augusto Pinochet wenigstens für seine private Zukunft vor. In die Zeit nach der Volksabstimmung fallen laut den Untersuchungsbehörden massive finanzielle Transaktionen auf die nicht weniger als 125 geheimen Bankkonten des Diktators im Ausland.

Gleichzeitig sicherte sich der Diktator auch politisch für die Zeit nach seiner Ablösung ab, als Militärchef bis 1998 und dann als Senator auf Lebenszeit. Die auf Antrag des spanischen Richters Baltazar Garzon erfolgte Festnahme in London am 16. Oktober 1998 und die anschließende Haft bis zum 2. März 2000 haben den Nimbus der Unantastbarkeit des Ex-Diktators nachhaltig zerstört. Weiteren gerichtlichen Verfolgungen wegen Morden an politischen Gegnern und eklatanten Menschenrechtsverletzungen in seiner chilenischen Heimat konnte sich Pinochet aber jeweils mithilfe ärztlicher Atteste entziehen.

Vor den Wahlen im Jahr 2005 wandte sich auch die chilenische Rechte weitgehend von ihrem früheren Idol ab, weil mit ihm kein Staat mehr zu machen war. Da zeichnete sich schon ab, was jetzt schwarz auf weiß in den gerichtlichen Untersuchungsprotokollen vorliegt. Der Diktator und seine Umgebung, die sich jeglicher öffentlichen Kontrolle entzogen hatten, scheffelten eifrig öffentliche Mittel in die eigenen Taschen. Die chilenische Justiz wirft dem Pinochet-Clan vor, 27 Millionen Dollar (19 Millionen Euro) über Konten der amerikanischen Riggs-Bank veruntreut zu haben.

Pinochet und sein Gefolge, die ihren Staatsstreich mit der Widerherstellung von Ordnung und Moral gerechtfertigt hatten, befinden sich mit ihrem Korruptionssumpf in durchaus schlechter Gesellschaft. Demokratien sind zwar auch nicht vor Korruption gefeit, in Diktaturen hingegen blüht sie. Das kann man in der Geschichte klar nachverfolgen - von den Nazis bis zu obskuren Machthabern in der Dritten Welt.