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Aus Alt mach’ Neu: Koalition steht

Von Katharina Schmidt

Politik

Faymann und Spindelegger koalieren fix, Regierungsprogramm am Freitag.


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Wien. Draußen vor der Tür, da ist wirklich etwas weitergegangen. Flink und effektiv entfernte am Donnerstagnachmittag ein Putztrupp die Reste der Wurfgeschosse, die zuvor hunderte aufgebrachte Schüler bei einer Demonstration gegen die Zentralmatura an die Holztür des Kanzleramts geschmettert hatten.

Auch drinnen formierten sich die Massen, diese waren allerdings willkommen und Teil der Inszenierung. Zig Innenpolitik-Journalisten, unzählige Fotografen und TV-Teams warteten andächtig aneinandergekuschelt im Kongresssaal des Kanzleramts, nachdem sich die Botschaft vom Ende der Regierungsverhandlungen verbreitet hatte. Am Mittwoch hatten SPÖ und ÖVP von sieben Uhr Früh bis nach Mitternacht verhandelt, auch am Donnerstagvormittag trafen sich die Parteispitzen noch einmal.

Dann zu Mittag die Nachricht: Noch am frühen Nachmittag werde man die Einigung verkünden. Fragen der Journalisten werde man aber nicht beantworten, hieß es. Die Empörung über diese Einschränkung - vor allem vor dem Hintergrund, dass die Koalition ja angeblich einen "neuen Stil" pflegen will - war nicht nur im Kurznachrichtendienst Twitter deutlich zu spüren.

Um Punkt 14 Uhr traten dann Kanzler Werner Faymann und sein Vize Michael Spindelegger vor die schon leicht enervierten Medienvertreter. Faymann bedankte sich zunächst bei Spindelegger für die "konstruktiven Verhandlungen". Mit dem Ergebnis könne Österreich erfolgreich bleiben. "Man muss Österreich nicht neu erfinden", meinte der Kanzler - wohl schon mit Blick auf das Regierungsprogramm, das dem Vernehmen nach ja keine großen Würfe enthalten wird.

Sparkurs fortsetzen, höheres Pensionsantrittsalter
Statt Details zum Programm, das erst heute, Freitag, präsentiert wird, warf Faymann Überschriften in die Runde: Österreich sei ein "Vorbild für wirtschaftliche Kraft und soziale Sicherheit", trotz Sparzwängen werde es gelingen, diese nicht auf dem Rücken der Ärmsten auszutragen. Die neue Regierung werde den Sparkurs fortsetzen, um weiterhin geringe Zinsen für Staatsanleihen zu zahlen, zudem werde man in Bildungseinrichtungen, Pflege und Infrastruktur investieren und das faktische Pensionsantrittsalter bis 2018 um 1,6 Jahre anheben.

Auch Spindelegger bedankte sich beim "lieben Werner" für das gute Verhandlungsklima. In seinem Statement legte der ÖVP-Chef den Fokus auf das Budgetloch: "Es gibt einen großen Konsolidierungsbedarf", alle Ressorts seien daher dazu angehalten, sparsam zu wirtschaften. Durch einen "umfangreichen Pakt" könne die neue große Koalition aber sicherstellen, dass die Verpflichtung, bis 2016 ein strukturelles Nulldefizit zu erreichen, eingehalten wird. Außerdem werde man die Doppelgleisigkeiten bei Förderungen abbauen und eine Obergrenze für Verwaltungskosten einziehen. Und Spindelegger kündigte einen - nicht näher definierten - "Pakt für Wachstum" an. Die von der ÖVP ins Rennen gebrachten Privatisierungen werden wie erwartet nicht sofort kommen, aber man werde im Zusammenhang mit einer Neugestaltung der Staatsholding ÖIAG "darüber reden".

Drei Fragen und eine Antwort
Nachdem Faymann und Spindelegger einander ausführlich gedankt hatten, wurden denn doch noch drei Fragen zugelassen. Die erste, nämlich ob er das Finanzministerium übernehmen werde, wollte Spindelegger mit Verweis auf die abendliche Sitzung des Parteivorstands, in der die Volkspartei die Personalia fixieren wollte, nicht beantworten. Schließlich ließ sich Faymann entlocken, was schon jeder wusste: Die künftige Koalition wird zwei Staatssekretärsposten einsparen. Dass Staatssekretäre rein rechtlich gar nicht Teil der Regierung sind, sei dahingestellt. Auf die Frage nach neuen Steuern blieb Faymann vage: Wenn man das Regierungsprogramm "positiv" betrachte, werde man ausgabenseitige Einsparungen sehen. Massensteuern wie die Mehrwertsteuer werden nicht erhöht.

Und das war es dann auch schon wieder. Kanzler und Vizekanzler entschwanden zu ihren jeweiligen Parteifreunden. Die SPÖ-Verhandler reisten zunächst in die Bundesländer, Faymann selbst fuhr nach Tirol und Vorarlberg. Nach der Ländertour und einer Sitzung der roten Gewerkschafter tagt am Freitag um 10 Uhr der Parteivorstand in Wien. Dort äußerten am Donnerstag Vertreter der Parteijugend ihren Unmut über die rot-schwarze Neuauflage mit einer Kundgebung vor dem Rathaus.

Am Donnerstagnachmittag kam zuerst der ÖVP-Klub zu einer Sitzung zusammen, in der Reinhold Lopatka zum Klubchef gewählt wurde. Am Abend tagte der Vorstand - unter anderem zu Personalia. Am Freitag legen die Verhandler ihre Ergebnisse Bundespräsident Heinz Fischer vor. Erst um 17 Uhr wollen Spindelegger und Faymann das Regierungsprogramm der Öffentlichkeit präsentieren. Der Zeitpunkt ist denkbar ungünstig - die Medien haben so kaum die Chance, das Papier aktuell tiefergehend zu analysieren. Den vielbeschworenen "neuen Stil" hat die große Koalition, die, so prophezeien es alle Umfragen, die wohl letzte ihrer Art sein könnte, damit nicht bewiesen.