Vor 20 Jahren kam Tarek Eltayeb mit leeren Taschen nach Wien. Inzwischen ist er Lektor an der Fachhochschule Krems und macht seit neuestem nicht nur durch seine Bücher, sondern auch mit seinen Bildern auf sich aufmerksam. Seine Gedichte wie auch seine Bilder sind Ausdruck seiner Erinnerungen an Kindheit und Jugend, seiner Sehnsucht nach der Heimat und seiner nicht versiegenden Hoffnung nach mehr Toleranz und (Zwischen-)Menschlichkeit.
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Tarek Eltayeb ist 1959 als Kind sudanesischer Eltern geboren und mit einigen Geschwistern in Kairo groß geworden. Sein Geburtsort, der über tausend Jahre alte Stadtteil Bab Elschaaria, ist nicht nur für sein Kulturgut sondern auch für den Basar bekannt. Schon damals hatte er somit weder eine eindeutige ägyptische noch eine klare sudanesische Identität.
Als er 1984 nach Österreich kommt hat er es noch deutlich schwerer, akzeptiert und anerkannt zu werden. Nicht nur einmal wird er perlustriert und nicht selten mit rassistischen Anpöbelungen konfrontiert. Er schlägt sich jahrelang als Zeitungsverkäufer und Küchenhilfe, Zettelausträger und Arabischlehrer durch.
"Noch heute passiert es mir häufig, dass man mir sagt, ich sei kein echter Muslim, weil ich nicht faste und nicht in die Moschee gehe, ich sei kein echter Sudanese, weil ich den sudanesischen Dialekt nicht beherrsche, ich sei kein echter Ägypter, weil ich sudanesische Vorfahren habe, ich sei kein echter Afrikaner, weil ich Araber bin und gleichzeitig kein echter Araber, weil ich Afrikaner bin.", umreißt Eltayep seine Situation.
Als außerordentlicher Hörer der Universität Wien studierte er schließlich Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Nach einer Reihe Zulassungsprüfungen schließt er das Studium mit dem Doktorgrad ab. Heute ist der Autor auch Lektor für Arabisch und Wirtschaftswissenschaften an der Fachhochschule Krems.
Schreiben als Ventil
Schon in seiner ersten Zeit in der Bundeshauptstadt war es für ihn vermutlich lebensnotwendig zu schreiben, um seine Erinnerungen und Sehnsüchte aufzuarbeiten. In seiner neuen fremden Heimat ist er Außenseiter, seine alte vertraute Heimat ist zumindest für eine gewisse Zeit unerreichbar.
Dieses Thema des Andersseins und des Nichtdazugehörens und des Verlassenseins zieht sich durch sein stark autobiographisch geprägtes Werk.
Sein literarisches Schaffen umfasst Lyrik und Prosa. Ursula Eltayeb, seine Frau, eine Islamwissenschaftlerin und promovierte Arabistin, die auch als Gerichtsdolmetscherin arbeitet, ist die kongeniale Übersetzerin der Werke ihres Mannes ins Deutsche.
Inzwischen macht Tarek Eltayeb auch in den bildenden Künsten von sich reden. 1990 beginnt er als Autodidakt zu malen und zu zeichnen. Da er seine Umschläge gestaltet sowie Bücher von sich und Freunden illustriert hat, wurde die Freude zur Malerei weiter geweckt. Die Volkshochschule Meidling, an der er auch Arabisch unterrichtet, stellt bis 6. Mai unter dem Titel "Zwischen den Spuren" seine Bilder aus. Seine Werke sind gleichsam die Farbe und Form gewordenen Gedanken und Worte, die seine vielschichtigen, sensiblen Gedichte und feinsinnigen Romane ausmachen.
Jede Kunstgattung allein ist es eindeutig wert, gesehen bzw. gelesen zu werden - mit beiden gemeinsam aber, kommt man in den Genuss einer mehrdimensionalen Reise in eine wundersame Welt, die einem die vielschichtige Persönlichkeit von Tarek Eltayeb näher bringt, der stets ein Wanderer zwischen den Kulturen war.
Den Charakter seines Wegs trifft vielleicht ein Aphorismus aus Tarek Eltayebs jüngstem Gedichtband "Aus dem Teppich meiner Schatten":
"Wozu misst du dich mit den anderen, wo doch kein Maß stimmt?"
Eines ist jedoch sicher: Eltayeb müsste den Vergleich mit anderen AutorInnen oder MalerInnen nicht scheuen - er ist alles andere als Mittelmaß.
Bisher (bei edition selene) erschienene Bücher:
"Ein mit Tauben und Gurren gefüllter Koffer" (Gedichte und Prosatexte, Deutsch und Arabisch, 1999)
"Städte ohne Dattelpalmen" (Roman, 2000)
"Aus dem Teppich meiner Schatten" (Gedichte, 2002)
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Ausstellung
"Zwischen den Spuren"
Die Ausstellung mit den Bildern von Tarek Eltayeb ist noch bis 6. Mai in der Volkshochschule Meidling, 1120 Wien, Längenfeldgasse 13-15, zu sehen.