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Aus den Steuerreform-Fantasien wird nicht so leicht ein gemeinsamer Traum

Von AnalyseStefan Melichar

Analysen

Eine spürbare Steuerentlastungs-Reform ist von Anfang an das große Ziel dieser Bundesregierung gewesen. Anstatt gemeinsam an Finanzierungsfragen und inhaltlichen Eckpunkten zu arbeiten, haben sich die Koalitionspartner jedoch den Luxus eines kontroversiellen, parteipolitischen Ideenwettbewerbs gegönnt.


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Beim ursprünglich angepeilten Umsetzungstermin im Jahr 2010 hätten SPÖ und ÖVP noch ausreichend Zeit gehabt sich zusammenzuraufen. Wie Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) nun innerhalb weniger Monate aus den - meist gegensätzlichen - Fantasien einen gemeinsamen Traum schmieden will, bleibt abzuwarten.

Tatsächlich sind die Regierungsparteien in den grundlegenden Sachfragen meilenweit voneinander - und von einer Lösung der anstehenden Probleme - entfernt. So ist weiter unklar, wie die Steuerreform finanziert werden soll. Die ÖVP betont nach wie vor, dass man sich die nötigen Budgetmittel erst erarbeiten müsse. Grundlage sei ein Sparkurs und ein ausgeglichener Staatshaushalt. Allerdings ist es trotz der hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung im Jahr 2007 nicht gelungen, das Budgetdefizit entsprechend zu senken. Die Chance, im Rahmen des Finanzausgleichs Länder und Gemeinden zu einer kostensparenden Verwaltungsreform zu zwingen, hat Finanzminister Wilhelm Molterer (ÖVP) verstreichen lassen.

Will die Regierung also für die Steuerreform keine weiteren Schulden machen, muss sie sich um eine Gegenfinanzierung umschauen - was im Koalitionsabkommen ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Nichtsdestoweniger denkt die SPÖ nun über neue Vermögenszuwachssteuern nach. Und auch mit dem Nulldefizit nimmt es Gusenbauer nicht mehr so eng: Solange eine Null vorne stehe, reiche das für eine Steuerreform, meinte der Kanzler am Sonntag. Wirtschaftsforscher sehen den Weg zu neuen Staatsschulden vorgezeichnet.

Auch in der Frage, wer entlastet werden soll, herrscht Uneinigkeit. Die SPÖ macht sich für die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen stark. Die ÖVP drängt auf eine Entlastung von Spitzenverdienern und Familien.

Angesichts dessen bleibt völlig offen, wer durch die Steuerreform in welchem Ausmaß profitieren könnte. Auf alle Erwerbstätigen gleichmäßig aufgeteilt, würde ein Entlastungsvolumen in der Größe von drei Milliarden Euro jedem einzelnen rund 60 Euro pro Monat bringen. Seiten 4 und 5