Werbung für "Lehman-Produkt" war irreführend. | Richtungsweisend für Finanzinstitute. | Wien. Es reicht nicht, dass Anbieter von Finanzprodukten wesentliche Informationen im Kleingedruckten verstecken, wenn die Werbung anderes suggeriert: Zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht (OLG) Wien.
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Die Vorgeschichte: Die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte vor etwas mehr als einem Jahr auch in Österreich hohe Wellen geschlagen: Mehrere heimische Versicherer mussten einräumen, dass sie Polizzen verkauft hatten, die mit einer Kapitalgarantie der Lehman-Gruppe in New York ausgestattet waren.
Ein solches Produkt war auch die indexgebundene Lebensversicherung "Premium Edition 168" der Generali. Über Inserate hatte die Assekuranz 2008 mit dem Spruch "unter den Flügeln des Löwen" und ihrem Logo für eine "Kapitalgarantie von 168 Prozent" inklusive "Ablebensschutz" geworben. Erst im Kleingedruckten erfuhren die 2680 Abnehmer, dass nicht die Generali für die Kapitalgarantie einstand, sondern Lehman Brothers. Generali schloss sogar eine eigene Haftung aus - mit der Lehman-Pleite wären womöglich Teile der Einzahlungen weg gewesen.
Kein Kunden-Schaden
Die Versicherer kamen ihren Kunden zwar entgegen - so will die Generali bei einem Ausfall von Lehman als Garantiegeber zum Vertragsablauf im Jahr 2020 die Rückzahlung der Prämie übernehmen.
Dennoch verurteilte das Oberlandesgericht Wien Generali in zweiter Instanz wegen "irreführender Produktwerbung". Der Haftungsausschluss für die Kapitalgarantie sei zudem als "nachteilig und überraschende Klausel einzustufen und deshalb unwirksam", heißt es.
"Wer der Kapitalgarantiegeber ist, ist eine Kerninformation und darf nicht im Kleingedruckten versteckt werden", erläutert der Jurist Peter Kolba vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), der die Verbandsklage eingebracht hatte. Das Urteil sei richtungsweisend: So hätten auch Wüstenrot und Allianz einst Lehman als Garantiegeber ihrer Produkte eingesetzt, ohne darauf ausführlich hinzuweisen.
"Wenig einsichtig" sei die Constantia Privatbank: In einem Verkaufsfolder für das Zertifikat "Dragon FX Garant" fehlte der Hinweis auf den Garanten Lehman. Der VKI brachte auch hierzu eine Verbandsklage ein. Die Chancen stehen gut: Das Handelsgericht Wien hat in dieser Causa bereits im Juli einer geschädigten Anlegerin Recht gegeben.