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Montagfrüh war es soweit: Das Auditorium Maximum an der Wiener Universität wurde geräumt. Obwohl man eigentlich nicht von "Räumung" sprechen kann, vielmehr wurden die noch verbliebenen 15 Besetzer von der Uni-Leitung in Begleitung der Polizei gebeten, die Uni zu verlassen. Mit diesen gingen auch etwa 80 Obdachlose, die sich in diesen eisigen Tagen in den warmen Hörsaal geflüchtet hatten.
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Nun stellt sich die Frage, ob Rektor Georg Winckler den richtigen Zeitpunkt für diese Aktion gewählt hat. Manche kritisieren, dass die Uni sich schon längst aus der Geiselhaft der Besetzer hätte befreien müssen, andere wiederum finden das Durchgreifen knapp vor einer Lösung als "Eskalation" und wieder andere empören sich darüber, dass die Räumung an einem der kältesten Tage erfolgt - man hätte für die Obdachlosen noch zwei Tage warten können, um diese in wärmere Temperaturen hinauszukomplimentieren.
Alle diese Standpunkte haben etwas für sich. Aber tatsächlich muss gesagt werden, dass nur noch wenige Studierende die Besetzung (sowohl an der Uni Wien, an der TU Wien oder in den Bundesländern) aufrechthalten. Die Protestbewegung ist versandet, weil die Weihnachtsferien angebrochen sind und - nicht zuletzt, weil die Forderungen mittlerweile von sehr legitimen Anliegen einer Reform des Wissenschaftsbetriebes abgeglitten sind und unüberblickbar wurden. Der Rektor kann weder eine Lösung der Finanzkrise verhandeln, noch ein "Leben ohne Konkurrenz- und Leistungsdruck" garantieren. Zuletzt widersprachen die Forderungen der Protestbewegung deren ursprünglichem Ziel nach Freiheit der Wissenschaft: Lehrveranstaltungen sollten nur stattfinden dürfen, solange deren Inhalte und Vortragenden "dem Grundkonsens der Audimaxbesetzung (alle bekannten anti-XYs.. .) genügen". So gesehen, war es für die Uni Wien sehr wahrscheinlich der richtige Zeitpunkt.
Für die Protestbewegung selbst hätte sich ein anderer Termin angeboten: Am 25. November fand ein sehr breit angelegter Hochschuldialog statt, zu dem auch Vertreter ("Die Drei") der Audimax-Besetzer geladen waren. Den Beginn einer ernsthaften politischen Auseinandersetzung hätten die aufmüpfigen Studierenden zum Anlass nehmen können, als Sieger den Ring zu verlassen. Schließlich hatten sie erreicht, was seit Jahrzehnten nicht möglich war: Es wurde auf breiter politischer und akademischer Ebene die Hochschulmisere erstens anerkannt und zweitens ein Lösungsprozess in Gang gesetzt. Mag sein, dass dies den Protestierenden zu lange dauert und sie nur halbe Lösungen antizipieren. Dennoch haben sie doch sehr viel erreicht.
Die Politik darf aus all dem getrost Lehren ziehen: Denn die Studenten wissen nun, wie’s geht - Hinhaltetaktik wird künftig sehr wahrscheinlich nicht toleriert werden. Ernsthafte Lösungen der Uni-Misere sind Notwendigkeit.