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Aus für "Made in"?

Von Regine Bohrn

Wirtschaft
Ob ein Kleidungsstück tatsächlich aus dem Land, das am Etikett angeben ist, stammt, kann laut Textilproduzenten nicht nachgewiesen werden. Eine verpflichtende "Made in"-Auszeichnung ist daher für sie nicht sinnvoll.
© Fotalia

Zum Teil kommen Textilien aus bis zu acht Ländern. | Gestiegene Rohstoffpreise belasten Hersteller. | Wien. Wenn es nach dem Wunsch der heimischen Textilindustrie geht, sollen die Hersteller weiter freiwillig entscheiden dürfen, ob sie das "Made in"-Etikett in Jeans und T-Shirts einnähen oder nicht.


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Eine generelle Verpflichtung wäre "administrativ aufwendig", sagt Reinhard Backhausen, Obmann des Fachverbandes der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie (TBSL) in der Wirtschaftskammer.

Hersteller, die bereits die Herkunftsbezeichnung in ihre Textilien einnähen, nehmen es laut Backhausen "nicht so genau". Ein Kleidungsstück bestehe nämlich aus vielen Komponenten, und zum Teil kämen Textilien aus bis zu acht Ländern. Für den Konsumenten sei also auch mit dem "Made in"-Etikett nicht nachvollziehbar, woher der Pullover oder die Hose komme.

"Offene Darstellung" wird gefordert

Zusammen mit Textilproduzenten anderer EU-Staaten tritt Backhausen für eine "offene Darstellung" des Produkts ein. Auf den Etiketten soll seiner Meinung nach angeführt werden, was ein Produkt ausmacht und wo das Hauptquartier der Produktionsfirma angesiedelt ist.

Wann die umstrittene Verordnung, der momentan nur Italien zustimmt, kommen soll, kann Backhausen auf Anfrage der "Wiener Zeitung" nicht sagen. Momentan sei man "mitten in der Diskussionsphase". Er hoffe aber ohnehin, dass es nicht zum "Made in"-Zwang kommt. Anders als bei Lebensmitteln, wo die Herkunftsbezeichnung immer wichtiger wird, sei es den Konsumenten bei Bekleidung und Textilien egal, woher sie kommen, glaubt der Vorsitzende der Berufsgruppe Bekleidungsindustrie, Wolfgang Sima.

Kritik üben die Branchenvertreter aber nicht nur an der möglichen Zwangs-Etikettierung, sondern auch an der europäischen Ausschreibepraxis. Dabei würden asiatische Billiganbieter bevorzugt und zu wenig auf europäische Produkte geschaut. "Wir können es uns nicht leisten, dass alle Produkte aus Asien kommen, sonst verhungert unsere Industrie", so Backhausen. Zwar sei China nach wie vor eines der Hauptproduktionsländer für die Textil-, Bekleidungs- und Schuhindustrie, aber seit das Lohnniveau dort zunehmend steigt, führen viele Produzenten die Produktion wieder zurück nach Europa, vor allem nach Osteuropa.

Pullover und Hosen werden teurer

Obwohl die Textilhersteller die Krise fast überwunden haben und 2010 die Umsätze gestiegen sind, weht der Branche ein rauer Wind entgegen. Die gestiegenen Rohstoffpreise machen den Herstellern nämlich schwer zu schaffen. Der Rohbaumwollpreis habe sich verdreifacht, und auch bei anderen Materialien wie Wolle, Polyester oder Seide seien die Preise stark gestiegen. "Die Steigerung hat mittlerweile solche Dimensionen angenommen, dass jetzt der Punkt erreicht ist, wo man nur noch erhöhen kann", so Backhausen. Konkret müssen sich die Konsumenten im Textilbereich auf Preiserhöhungen im zweistelligen Bereich einstellen.