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Aus Panik wurde Euphorie

Von Matthias Nagl

Wirtschaft

Schneemangel im Dezember sorgte im Tourismus für schlimme Befürchtungen, jetzt ist doch wieder fast alles gut.


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Wien. Der März wird sommerlich zu Ende gehen. Am Donnerstag sind bis zu 26 Grad möglich. In manchen Regionen wackeln die Allzeit-Temperaturrekorde dieses Monats. Darunter sind auch Tourismusregionen wie Tirol oder Salzburg. In Salzburg könnte der bisherige März-Rekord von 24,2 Grad übertroffen werden, prognostizieren die Meteorologen von Ubimet.

Solche Meldungen treiben den Touristikern zu Saisonbeginn rund um Weihnachten nicht nur den Hitze-, sondern auch den Angstschweiß auf die Stirn. Kurz nach Ostern kann ihnen ein Sommer-Intermezzo heuer nicht die Laune verderben. Zu gut lief die Saison bisher, auch das Ostergeschäft ist praktisch schon im Trockenen. Der bisherige Winter liefert trotz langen Wartens auf den Schnee touristische Rekordzahlen. Nach vorläufigen Zahlen der Statistik Austria stiegen die Nächtigungen in den heimischen Beherbergungsbetrieben um 1,7 Prozent auf 47,1 Millionen, die Ankünfte um 3,5 Prozent auf 12,5 Millionen.

Das freut angesichts der zentralen wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus auch die Regierung. Laut Statistik Austria liegt der Beitrag der Tourismus- und Freizeitwirtschaft zum BIP inklusive indirekter Effekte relativ konstant bei 15 Prozent. "Das Tourismusland Österreich ist attraktiv und wettbewerbsfähig", sagt Wirtschafts- und Tourismusminister Reinhold Mitterlehner. Er spricht vom "spielentscheidenden Monat Februar". Das ist insofern richtig, als dass der Februar traditionell der nächtigungsstärkste Monat des Winters ist. Heuer kam den Touristikern das Schaltjahr zugute, das ihnen im Februar einen zusätzlichen Tag einbrachte. Dieser Tag erklärt zum Großteil auch das Februar-Plus von drei Prozent auf 17,7 Millionen Nächtigungen, ein absoluter Rekord.

Schellhorn sieht keinenGrund für Euphorie

Neos-Tourismussprecher Sepp Schellhorn, selbst Hotelier, sieht dagegen aufgrund kürzerer Aufenthaltsdauer und sinkender Umsätze wenig Grund zur Freude. "Das können die gestiegenen Zahlen bei Ankünften und Nächtigungen nicht ausgleichen", sagt er. Die zunehmenden Kurztrips steigern zwar die Nächtigungszahlen, sind für die Hotellerie aber nicht so profitabel wie längere Aufenthalte. Schellhorn bezeichnet Mitterlehners Schlussfolgerungen als "Wintermärchen" und fordert eine Rücknahme der Belastungen im Zusammenhang mit der Steuerreform.

Dabei folgt die touristische Grundstimmung seit einiger Zeit einem alljährlich zu beobachtenden Muster. Der Saisonbeginn läuft schwierig, die Stimmung schwankt zwischen Vorsicht und Panik. Das liegt am später auftretenden Hochwinter. Dass sich die jeweils am längsten anhaltende geschlossene Schneedecke erst immer später bildet, lässt sich statistisch beobachten. Das schlägt den Winter-Touristikern aufs Gemüt. Bis zum Saisonende verändert sich die Stimmung dann praktisch immer in Richtung Zufriedenheit oder gar Rekordlaune.

Die heurige Saison eingerechnet, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach in drei der vergangenen vier Wintersaisonen Rekordwerte gegeben haben. Aufgrund des frühen Ostertermins ist auch für das gesamte Winterhalbjahr ein Plus gegenüber dem Rekord-Vorjahr zu erwarten. "Die Buchungslage war auch rund um Ostern in allen Regionen Salzburgs sehr gut", sagt Leo Bauernberger, Geschäftsführer der Salzburger Land Tourismusgesellschaft. "Wir sehen der endgültigen Saisonbilanz äußerst positiv entgegen." Zwar gibt es für Ostern noch keine konkreten Zahlen, aber auch in Tirol, dem mit Abstand wichtigsten Winter-Tourismusland in Österreich, war die Stimmung bei den Touristikern vor Ostern gut. "In den Gesprächen mit den Regionen waren alle mit der Buchungslage für Ostern sehr zufrieden", sagt ein Sprecher der Tirol Werbung.

Die Stimmung hat sich im Lauf des Winters also gedreht. Dabei gibt es auch zu Saisonbeginn für die meisten Regionen keinen Grund zur Panik, wenn künstlich beschneit werden kann. Das gilt auch für die kommenden Jahre.

Mit Beschneiung ist derWinter vorerst gesichert

Denn das Katastrophenszenario, dass es in mittelhohen Lagen bis in den Jänner hinein weder Naturschnee noch kalte Nächte für künstliche Beschneiung gibt, ist relativ unwahrscheinlich.

Das bestätigt auch Klimaforscher Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. "Das liegt innerhalb der normalen Schwankungsbreite. Man kann davon ausgehen, dass es im Dezember zumindest für kurze Phasen auftritt", erklärt Orlik im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Das beste Beispiel dafür sei der heurige, extrem warme Dezember gewesen, so Orlik. Mit mehr als drei Grad über dem Durchschnitt ist er auch deutlich wärmer als die bisherigen Rekordwerte gewesen. Dennoch gab es in Skigebieten über 1000 Meter Seehöhe genug kalte Nächte, um für eingeschränkten Skibetrieb ausreichend beschneien zu können. Die Lagen zwischen 1000 und 2000 Metern Seehöhe werden vom Klimawandel dennoch am stärksten betroffen sein, sagt Orlik: "Unterhalb gibt es jetzt schon keine langen Zeitspannen mit geschlossener Schneedecke mehr, oberhalb wird der Niederschlag im Winter weiterhin hauptsächlich als Schnee fallen. Dazwischen wird sich die natürliche Schneedeckendauer in den nächsten 50 Jahren aber um 30 Tage verkürzen."