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Nicht immer sind es ganze Sendungen, die zur Kritik herausfordern. Manchmal genügt schon ein einziges Wort. So berichtete die ZiB 2 am Montagabend von den angeblichen oder tatsächlichen Annäherungen zwischen SPÖ und FPÖ. Im Verlauf der Erörterungen fiel dann ein Ausdruck, der Anlass zu Nachfragen gibt. Er heißt: "Spargelkoalition".
Wie dieses Mischwort aus Politik und Gemüsegarten zustande gekommen ist, wurde nicht verschwiegen. Armin Wolf erinnerte daran, dass Alfred Gusenbauer und Jörg Haider einträchtig beim gemeinsamen Spargelessen gesichtet worden seien. Dabei sei die neue Gemeinsamkeit in Sachfragen erstmals zu erkennen gewesen. Auch ein Bild der beiden vergnügten Esser wurde eingeblendet, und schon schien die Wahrheit des Begriffs "Spargelkoalition" gesichert zu sein.
Na und? Was soll daran schlecht sein? Es gehört zweifellos zum journalistischen Geschäft, pointierte Ausdrucksweisen zu finden und Sachverhalte von einiger Komplexität in einem handlichen Wort zusammenzufassen. Gerade das Fernsehen, das ein schnelleres Medium ist als etwa die Zeitung, ist angewiesen auf sprachliche Schnellschüsse. Alles richtig. Und doch sollten TV-Konsumenten den allzu gefälligen Wörtern nicht unkritisch begegnen. Gewiss vermitteln sie das angenehme Gefühl des Bescheidwissens, doch sollte einem bei einigem Nachdenken doch klar werden, dass ein Ausdruck wie "Spargelkoalition" zwar witzig klingt, aber keinerlei informativen oder analytischen Wert hat.