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Angesichts der ohnehin schwierigen Beziehungen zwischen Teheran und Bonn kommt der iranischen Führung der Fall des unter mysteriösen Umständen erschossenen Deutschen äußerst ungelegen. Der Tod des
früheren Mitarbeiters der Deutschen Bank, die widersprüchlichen Angaben zum Ablauf des Kidnappings und die Tatsache, daß sich der deutsche Militärattache in dem Unglücksauto befand, warfen am
Wochenende in Teheran Fragen und Unsicherheit auf. Während die Presse mögliche Zusammenhänge mit den politischen Morden an Intellektuellen der vergangenen Monaten andeutete, hatte die Tat nach
Angaben des Bonner Außenamtes vermutlich einen kriminellen und keinen politischen Hintergrund.
Bei den Angaben über den Hergang des Geschehens gab es von deutscher und iranischer Seite feine Unterschiede, die Spekulationen unter Diplomaten auslösten. So war der Deutsche laut offizieller
Nachrichtenagentur IRNA am Samstag zusammen mit seiner Frau sowie dem Militärattache Peter Hausman und dessen Frau südlich von Teheran unterwegs gewesen. Auf dem Weg von der heiligen Stadt Ghom (Qom)
nach Kashan seien sie von einem Bewaffneten überfallen worden, der alle Insassen außer dem späteren Opfer aus dem Auto gedrängt habe. Nachdem der Täter den Deutschen erschossen habe, seien er selbst
sowie ein Polizist bei einem Schußwechsel ums Leben gekommen. Nach Angaben des Außenamtes starb der Deutsche dagegen bei dem Schußwechsel, während die übrigen Deutschen fliehen konnten.
Die englischsprachige und üblicherweise eher regierungsnahe Zeitung "Iran News" kritisierte die offizielle Version als "weder klar noch überzeugend". Und angesichts der andauernden Spannungen
zwischen Deutschland und dem Iran sah die Zeitung "unsichtbare Hände am Werk, um eine Verbesserung der Beziehungen zu verhindern". Auf Teheran laste ein "Klima der Unsicherheit", hieß es mit Verweis
auf die Morde an Intellektuellen in den vergangenen Monaten, in die Geheimdienstagenten verwickelt waren. Diplomaten in Teheran fragten sich indes, ob der Deutsche möglicherweise von einer
Polizeikugel und nicht von einem Schuß des Kriminellen getroffen wurde. Das iranische Außenministerium bekundete am Samstag sein "tiefes Bedauern" über den Vorfall und versprach eine Untersuchung in
der "unglücklichen Angelegenheit". Auch ohne den jüngsten Fall gestalteten sich die Beziehungen zwischen den beiden Ländern schwierig. Ausgelöst worden war dies durch das Mykonos-Urteil vor zwei
Jahren, das der iranischen Führung indirekt Staatsterrorismus vorwarf. Nach dieser Krise bot der Fall Helmut Hofer Anlaß zu neuen Spannungen. Hofer, der wegen einer angeblichen sexuellen Beziehung zu
einer Moslem zum Tode verurteilt worden war, klagte in Briefen über seine schlechte Behandlung · sowohl durch Deutschland als auch durch den Iran. Hofers Fall schleppt sich dahin und wird vor dem
obersten Gericht des Landes erneut verhandelt. Angesichts ausbleibender Fortschritte hatte die Regierung zuletzt einen Besuch von Kanzleramtsminister Bodo Hombach im Iran von der Entwicklung in
Hofers Fall abhängig gemacht.