Nach der Kandidatur von Kowall stehen die Zeichen trotzdem auf einer Abstimmung zwischen Rendi-Wagner und Doskozil.
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Da waren’s plötzlich drei. Dienstagmittag gab Nikolaus Kowall bekannt, für den Parteivorsitz der Bundes-SPÖ kandidieren zu wollen. Der 40-Jährige, derzeit stellvertretender Vorsitzender der SPÖ im Wiener Bezirk Alsergrund, begründete seine Absicht damit, "dass ich die beiden anderen KandidatInnen für ungeeignet halte, das zu tun, was gerade am wichtigsten für Österreich ist: Dem rechten Populismus Einhalt gebieten".
Ob Kowall, einst Vorsitzender der parteikritischen Sektion 8, es tatsächlich auf den Stimmzettel der anstehenden Mitgliederbefragung zum Parteivorsitz schafft, ist indes unklar. "Das wird im Präsidium entschieden", sagt ein SPÖ-Veteran zur "Wiener Zeitung". Eben dieses Präsidium, das zentrale Steuerungsgremium der Sozialdemokraten, tritt am Mittwoch um 13.15 Uhr im SPÖ-Parlamentsklub zusammen, um die Modalitäten der Mitgliederbefragung zu klären. Bekanntlich fordert Burgenlands Landeshauptmann und Landesparteichef Hans Peter Doskozil die amtierende SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zu einem Abstimmungsduell um den Bundesparteivorsitz heraus.
Nur zwei auf Stimmzettel?
Im Präsidium sind unter anderem der Stichtag für die Parteimitgliedschaft sowie Dauer und Datum der Befragung zu klären. Ob etwaige weitere Kandidaten, wie etwa Kowall, bei der Befragung antreten können, gilt als unwahrscheinlich. Wenn mehr als zwei Kandidaten zur Wahl stehen und keiner die absolute Stimmenmehrheit erreicht, müsste es zu einer Stichwahl und somit zu einer neuerlichen Befragung der Mitglieder kommen. "Wer will, kann ja am Parteitag kandidieren", erklärt ein Wiener SPÖ-Funktionär.
Zuletzt hat Doskozil lanciert, Harry Kopietz, dem Vorsitzenden der Wahlkommission, zu misstrauen. Kopietz, Wiener SPÖ-Urgestein und ehemaliger Landtagspräsident, ist jedoch von der Kommission (der auch Vertreter des Burgenlandes angehören) vor zwei Jahren einstimmig wiederbestellt worden. Laut Parteistatut wird er die Befragung leiten. Kopietz will zur Diskussion um seine Person keine Stellungnahme abgeben. Zur "Wiener Zeitung" meint er: "Ich sehe das ganz entspannt." Auch diese Personalie wird im Präsidium thematisiert.
Die Befragung der rund 140.000 SPÖ-Mitglieder, wird, wenn man den Wünschen des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig entspricht, nach den Landtagswahlen in Salzburg (23. April) über die Bühne gehen. Danach wird ein außerordentlicher Parteitag einberufen. Dort werden die Delegierten, wie es die Parteistatuten vorsehen, die Wahl der oder des Vorsitzenden vornehmen. Zur Wahl stehen nach derzeitigem Stand entweder Rendi-Wagner oder Doskozil sowie etwaige weitere Kandidaten. Sollte er nicht zur Befragung zugelassen werden, werde er am Parteitag nicht antreten, kündigte Kowall Dienstagnachmittag in einem Interview auf dem TV-Sender Puls 24 an.
Unterdessen lässt ein Mitglied des Bundesparteivorstandes gegenüber der "Wiener Zeitung" mit einem Vorschlag aufhorchen: "Wir sollten keinen außerordentlichen, sondern gleich einen ordentlichen Bundesparteitag abhalten." Da könne man nicht nur den oder die Vorsitzende neu wählen, sondern auch Michael Lindner und Sven Hergovich, die Landesparteichefs aus Ober- und Niederösterreich, in den Bundesparteivorstand aufnehmen, in dem sie bislang nicht vertreten sind.
Die Kern-Frage
Spricht man vom SPÖ-Vorsitz, geistert seit geraumer Zeit ein weiterer Name herum: Ex-Kanzler Christian Kern. Der ehemalige SPÖ-Chef, nach dessen überraschendem Rückzug 2018 Rendi-Wagner das Ruder der Partei übernommen hatte, tauchte kürzlich als Einpeitscher beim Wahlkampfauftakt der SPÖ Salzburg auf. Am vergangenen Montag war Kern bei einer Landeskonferenz der Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter in der Steiermark Gastredner. Ein Funktionär stellte - wohl mit viel Enthusiasmus - fest, dass "70 bis 80 Prozent der Anwesenden" für Kern stimmen würden. Dieser lässt sich nicht in die Karten blicken und spricht lediglich davon, "Freunde und Freundinnen, wo immer ich kann" zu unterstützen.
Es gibt auch in der Bundes-SPÖ durchaus Politiker, die sich ein Comeback des bislang letzten SPÖ-Kanzlers vorstellen können. "Rendi-Wagner und Doskozil kommen beide nicht unbeschädigt aus der Mitgliederbefragung heraus. Christian Kern als dritte Option wäre die ideale Lösung", erklärt ein hochrangiger Funktionär gegenüber der "Wiener Zeitung".