Slowakischer Premier droht Unternehmen mit Enteignung. | Budapest. Erst Mitte Juli hatte die Slowakei nach langem Ringen von der EU-Kommission grünes Licht für den Ausbau des AKW Mochovce bekommen. Ob das Kernkraftwerk wie geplant um einen dritten und vierten Reaktor erweitert werden kann, darf trotzdem bezweifelt werden. Denn der seit dem Regierungswechsel zwischen der Regierung in Pressburg und der Energiewirtschaft anhaltende Streit um die Gestaltung der Energiepreise ist zuletzt eskaliert.
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Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico kündigte gegenüber der Nachrichtenagentur SITA an, er werde alle Mittel ausschöpfen, damit die Energiepreise stabil bleiben. Er schloss dabei auch eine Enteignung der Energieunternehmen im öffentlichen Interesse nicht aus, was theoretisch nach Artikel 20 der Slowakischen Verfassung möglich ist.
Vor wenigen Wochen hatte das Kabinett Wirtschaftsminister Lubomír Jahnátek schon deutlich erweiterte Kompetenzen bei der Gestaltung der Energiepreise eingeräumt. Bemerkenswert ist, dass Fico gezielt die ausländischen Teilhaber der Energieunternehmen angriff, nachdem er zumindest noch bis vor kurzem "keineswegs" Investoren verschrecken wollte. Die jüngsten Preisvorschläge der "Monopole" zielen Fico zufolge allein auf eine Erhöhung ihres Gewinns und es sei ihnen gleich, "ob jemand in einem oder zwei Zimmern heizt und ob eine slowakische Familie Geld für Energie hat" oder nicht.
Während sich der Rest der Branche noch in Zurückhaltung übte, schossen die Slowakischen Elektrizitätswerke (SE), die Mochovce betreiben und an denen der italienische Konzern Enel mit 66 Prozent beteiligt ist, prompt zurück. Bei "Marktdiskriminierungen" und "staatlichen Preisvorgaben" will man eine "Neubewertung bei den geplanten Investitionen vornehmen", möglicherweise also seine Zusage überdenken, Mochovce bis spätestens 2013 auszubauen.
Die Drohung der SE ist durchaus ernstzunehmen, weil Fico die Unternehmensspitze erst vor wenigen Tagen massiv angegriffen hat. Im Übrigen will das SE-Management gerichtlich überprüfen lassen, ob es sich bei staatlichen Eingriffe in die Preisgestaltung um eine Form der Enteignung handelt und gegebenenfalls auf Entschädigung klagen.
Für die Regierung der Slowakei wäre ein Scheitern des Mochovce-Ausbaus ein Fiasko, gilt er doch als wichtigstes Vorhaben, um die Energieversorgung langfristig sicherzustellen. Mochovce soll nicht zuletzt deshalb erweitert werden, weil die Slowakei das AKW Jaslovske Bohunice zum Jahresende vom Netz nehmen muss und neue Stromquellen braucht.