Zum Hauptinhalt springen

Ausbildung nach Bedarf

Von Bernd Vasari

Politik
90 offene Stellen gibt es derzeit etwa bei den Wiener Linien.
© Wiener Linien

Obwohl es immer mehr Arbeitssuchende gibt, steigt auch Zahl der offenen Stellen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Obwohl derzeit in Wien viele Unternehmen das Problem haben, ihre freien Stellen zu besetzen, gibt es gleichzeitig auch immer mehr Menschen, die keinen Job haben. Dieser Widerspruch erklärt sich aus dem nicht zusammenpassenden Angebot des Arbeitsmarktes mit der Nachfrage der Arbeitssuchenden. Nun will die Stadt Wien diesem Dilemma - Vizebürgermeisterin und Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (SPÖ) nennt es das "Wiener Phänomen" - mit einer konkreten Ausbildungsförderung verstärkt entgegenwirken.

Bereits im vergangenen Jahr hatte man damit Erfolg. Laut dem Geschäftsführer des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (Waff), Fritz Meißl, wurden 2013 knapp 1000 Arbeitssuchende vermittelt. Die Investitionssumme lag dafür bei etwa 1,3 Millionen Euro. Für heuer werden zu diesem Betrag nun zusätzliche 300.000 Euro draufgelegt. Schließlich sollen 2014 insgesamt 1300 Jobs an die Arbeitssuchenden gebracht werden.

Lebenserhaltungskosten mit 22 Euro pro Tag finanziert

Konkret übernimmt der Waff die Personalsuche und -vorauswahl für Unternehmen, die sich an ihn wenden, und fördert dann die Ausbildungskosten der Interessenten. Während der Ausbildung finanziert das Arbeitsmarktservice (AMS) die Lebenserhaltungskosten (rund 22 Euro pro Tag) der Bewerber.

"Mit diesem Angebot helfen wir gezielt mit, den Bedarf an punktgenau qualifizierten Fachkräften von Unternehmen in Wachstumsbranchen zu decken, und vor allem bieten wir zahlreichen Wienerinnen und Wienern die Chance auf einen beruflichen Neustart", betont Renate Brauner (SPÖ). Die Wirtschaftsstadträtin streicht dabei hervor, dass die Arbeitssuchenden hier bereits in der Ausbildung wissen, in welchem Job sie nachher arbeiten werden. Und die Unternehmen wissen ihrerseits, dass sie "handverlesene Arbeitskräfte" bekommen werden.

900 offene Jobs im Pflegebereich

Besonders großer Bedarf besteht 2014 im Gesundheits- und Pflegebereich: Rund 900 Menschen werden hier unter anderem als Pflegehelfer oder Diplomkrankenpfleger gesucht. Die Ausbildungsdauer der einzelnen Bereiche dauert zwischen vier Monaten - für kommende Heimhelfer - und drei Jahren - für kommende Diplomkrankenpfleger. Offene Stellen gibt es auch bei den Wiener Linien, wo 90 Straßenbahn-, U-Bahn- und Busfahrer sowie Stationsaufsichten gesucht werden. Die Ausbildungen dauern drei Monate, die Bewerbungen starten im März.

Brauner unterstreicht die guten Zukunftschancen, die man mit einem Job im Pflegebereich sowie bei den Wiener Linien hat. Schließlich würden beide Bereiche aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung einerseits und dem von der Stadt geplanten Ausbau der Öffis andererseits, auch noch in den nächsten Jahren boomen, so die Vizebürgermeisterin.

Ein Bereich, der im Gegensatz zum Vorjahr hinzukam, ist der Tourismus. Hier stehen nun 300 Jobs zur Verfügung. Die ersten Bewerbungen für künftige Fachkräfte in Wiener Hotels und Gastronomiebetrieben starten hier bereits Ende Februar. Die Ausbildung zur Köchin/Koch sowie zur Restaurantfachkraft mit dem Ziel Lehrabschluss dauert 14 Monate. Sie erfolgt direkt bei den Unternehmen und an der Berufsschule.

Aktuell werden außerdem Personen mit beruflichen Vorkenntnissen für den Einsatz in Feinkost, Bäckerei, Obst und Gemüse im Lebensmittelhandel gesucht. Dafür kooperiert der Waff schon seit mehr als einem Jahr mit großen Supermarktketten. Ziel ist auch hier das Nachholen des Lehrabschlusses zu Einzelhandelskaufleuten.

Das Angebot steht aber nicht nur für große Unternehmen zur Verfügung. "Alle Maßnahmen können auch von Klein- und Mittelbetrieben in Anspruch genommen werden", sagt Brauner.

ÖVP kritisiert Arbeitsmarktpolitik der SPÖ

Kritik zu der Situation am Wiener Arbeitsmarkt kam von der ÖVP. Es gebe zwar das "Wiener Phänomen, sagt der Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, Manfred Juraczka, aber "leider" anders als von Renate Brauner dargestellt. Juraczka zufolge hatte Wien nicht nur im Jahr 2013 mit 10,2 Prozent die höchste Arbeitslosenrate seit 1945, sondern auch keinen Job-Zuwachs in den vergangenen Jahrzehnten. "Für diese Lose-lose-Situation ist in erster Linie die Wiener Sozialdemokratie verantwortlich", so der Landesparteiobmann der ÖVP Wien.

Und weiter: "Es erstaunt immer wieder, dass die SPÖ von einem Beschäftigungsrekord in Wien spricht, etwas was durch einen einfachen Blick in die offizielle Statistik des Hauptverbandes sofort widerlegt werden kann." So sei der Wert der unselbständig Beschäftigten in Wien mit rund 791.300 niedriger als im Jahr 1992, wo es noch 791.800 unselbständig Beschäftige gab. Weiters seien in den vergangenen 20 Jahren österreichweit mehr als 428.000 Arbeitsplätze geschaffen worden, während die Zahl der Beschäftigten in Wien stagniert. Juraczka: "In Wien müssen endlich die vielfältigen Potenziale, die von unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstituten aufgezeigt wurden, gehoben werden."