S&P sieht geringere Ertragskraft in Osteuropa - Kapitalaufbau erschwert.
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Wien. Geht es nach der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P), so brechen für Österreichs Geldinstitute härtere Zeiten an. "Für die meisten Banken ist der Ausblick negativ", sagt Anna Lozmann. Die S&P-Analystin sieht steigende Risiken vor allem in Osteuropa, wo österreichische Finanzhäuser prominent vertreten sind.
Für 2013 und 2014 rechnet sie dort querbeet nur noch mit einem Wirtschaftswachstum von null bis ein Prozent - und deshalb mit einer geminderten Ertragskraft der Banken und einer höheren Gefahr von Kreditausfällen. Risiken ortet Lozmann aber auch in Österreich. So könnten die seinerzeit massiv vergebenen Fremdwährungskredite - sie gelten als hochspekulativ - erhöhten Vorsorgebedarf auslösen. Rund 80 Prozent würden bereits in den nächsten fünf Jahren fällig. Angesichts des aktuellen Immobilienbooms in Österreich sieht Lozmann daneben auch die Gefahr einer Preisblase, deren Platzen den Geldsektor ebenfalls durch Kreditausfälle treffen würde.
Probleme beim Kapitalaufbau
"Bescheiden" schneiden die österreichischen Banken in den Augen der Analystin ab, was ihre Kapitalisierung betrifft. Die drei größten Institute (Bank Austria, Erste und Raiffeisen) hatten Ende 2011 nach den Berechnungen von S&P nur eine durchschnittliche Quote von 5,5 Prozent - was etwa der Hälfte des von den Regulatoren berechneten Werts entspricht. Adäquat wären hingegen sieben bis zehn Prozent, so Lozmann in einem Pressegespräch am Donnerstag.
Im Vorjahr hätten die Großbanken ihren Kapitalpolster zwar um Milliarden aufgestockt, davon sei jedoch ein Teil wieder verlorengegangen - vor allem wegen Osteuropa. Aufgrund der dortigen Flaute werde es in Zukunft jedenfalls schwer sein, entsprechend Profite zu generieren, um mehr Eigenkapital aufbauen zu können. Als theoretische Alternative bliebe dann nur ein Rückbau der Geschäftsaktivitäten oder das Auftreiben von Kapital am Markt. Letzteres wäre für Lozmann naheliegender, ist für Banken derzeit aber alles andere als eine leichte Übung.
Noch haben Österreichs Großinstitute bei S&P Ratings auf hohem Niveau (allesamt in der A-Kategorie). Mit dem negativen Ausblick drohen aber Herabstufungen. Gäbe es nicht die Aussicht, dass der Staat im Krisenfall helfend in die Bresche springt, wären die Bonitätsnoten laut Lozmann um zwei Stufen tiefer.
Detail am Rande: Dass die staatliche Abbaubank KA Finanz abermals Staatshilfe braucht, hält man bei S&P für sehr wahrscheinlich: "Wir rechnen damit."
EU-Aufpasser bei Hypo & Co
In den staatlichen Problembanken (neben KA Finanz auch Hypo Alpe Adria und ÖVAG) sitzt unterdessen bereits ein Aufpasser der Europäischen Union, der darüber wacht, ob die Restrukturierungsauflagen eingehalten und umgesetzt werden. Wie FMA-Vorstand Helmut Ettl am Mittwochabend in einem Pressegespräch ausführte, nimmt dieser Aufpasser - eine im Einvernehmen mit der EU von der Bank eingesetzte "Vertrauensperson" - auch an Aufsichtsratsmeetings teil. Bei der Hypo gehen der EU die vorgeschriebenen Verkäufe (Abwicklung) zu schleppend. Seit Monaten drängt die Regierung in Brüssel auf mehr Zeit dafür.
Kurz noch ein anderes Bankenthema: Das Geschäft mit Finanzwetten, auch jenes, das bis dato schwer kontrollierbar außerhalb der Börsen läuft, ist EU-weit ab Herbst meldepflichtig. Das soll für mehr Transparenz sorgen. In Österreich wird das Volumen auf etwa eine Billion Euro geschätzt.