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Ausbreitung des Putinismus

Von Thomas Seifert

Leitartikel
Thomas Seifert.

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Bis vor wenigen Tagen hat in der Beziehung zwischen Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen alles auf eine unerschütterliche Männerfreundschaft hingedeutet, in der einfach die Chemie stimmt. Einerseits.

Andererseits hat Trumps Sympathie für den immer autoritärer regierenden russischen Präsidenten, der in den 16 Jahren seiner Herrschaft die demokratischen Institutionen des Landes immer mehr geschwächt und die Freiheiten der Bürgerinnen und Bürger immer mehr eingeschränkt hat, für Irritation gesorgt. Trumps Kritiker wiesen auf aufklärungsbedürftige wirtschaftliche Verflechtungen zwischen Kreml-nahen Geschäftsmännern und einflussreichen Leuten in Donald Trumps Umfeld hin sowie auf angebliche dubiose Verstrickungen von russischen Hackern und Geheimdiensten in die US-Präsidentenwahlen zum Vorteil Trumps.

Seit vergangener Woche hat sich der Ton zwischen Washington und Moskau verschärft: US-Präsident Donald Trump hatte vergangene Woche eine Militärbasis von Russlands Verbündeten Syrien als Vergeltung für einen mutmaßlichen Giftgasangriff der syrischen Luftwaffe auf die eigene Bevölkerung beschießen lassen. Für Putin steht seither fest: "Man kann sagen, dass der Grad des Vertrauens auf Arbeitsebene, insbesondere im militärischen Bereich, sich nicht verbessert, sondern vielmehr verschlechtert hat", wie Putin am Mittwoch dem Fernsehsender Mir24 mit Blick auf Trumps Amtsübernahme im Jänner sagte. Den angeblichen Angriff syrischer Truppen mit Sarin-Gas hält Putin übrigens für eine Provokation, eine Manipulation - kurzum: Fake.

Kremlologen und White-House-Auguren sind verwirrt: Für die Trump-Propagandisten - wie Trumps Sohn Eric - ist mit der plötzlich hereingebrochenen Eiszeit zwischen Donald Trump und Wladimir Putin ein für alle Mal erwiesen, dass es die vermuteten Trump-Russland-Verbindungen gar nicht gibt. Für Trumps Kritiker hingegen ist die neue Eiszeit ein besonders zynisches Ablenkungsmanöver von den vielfältigen Ermittlungen der Behörden in Sachen dubioser Russland-Kontakte in Trumps Umfeld.

Der Russland-Kenner Peter Pomerantsev hat sein schrilles Buch über das System Putin mit dem originellen Satz übertitelt: "Nichts ist wahr und alles ist möglich". Willkommen in der putinschen Wirklichkeit.