Probleme mit Radweg-Lückenschluss beim Naschmarkt: Die Stadt rudert zurück.
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Wien. Es geht um 495 Meter - um jenen Lückenschluss des Radwegs entlang der Linken Wienzeile zwischen dem Getreidemarkt und der Köstlergasse. Dort, wo sich derzeit der Schanigarten des Café Savoys befindet, könnte im kommenden Jahr das letzte fehlende Radstück der sogenannten "Radlangstrecke West", der 17 Kilometer langen Trasse durch das Wiental, entstehen. Baubeginn zwischen dem Getreidemarkt und der Köstlergasse werde 2019 sein - der Radweg beim Naschmarkt komme fix, verkündete der grüne Gemeinderat Christoph Chorherr in der Vorwoche bei einem Lokalaugenschein.
Details gab Chorherr nicht bekannt. Fakt ist, dass bis zu 80 Parkplätze wegfallen könnten, das bestätigte auch Chorherr. Fakt ist auch, dass das 495 Meter lange Radweg-Stück seither für heftige Debatten bei den Naschmarkt-Standlern, bei den Bezirkspolitikern sowie bei den betroffenen Lokalbesitzern sorgt. "Wir haben es aus den Medien erfahren, niemand hat uns vorab darüber informiert", sagt Eric Deschmann, einer der beiden Chefs des Café Savoy im Rahmen eines gemeinsames Pressegesprächs mit Rainer Trefelik, Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Wien, und Akan Keskin, Obmann des gemeinnützigen Vereins zur Förderung des Marktgewerbes. "Was bedeutet das für uns, haben wir uns gefragt. Heißt es, dass die 40 Schanigartenplätze im nächsten Jahr wegfallen werden?", hakt Deschmanns Geschäftspartner Thomas Ehmer ein. 30.000 Euro haben die beiden Savoy-Chefs alleine dieses Jahr in den Schanigarten investiert.
"Wir haben keine Planungssicherheit. Wir können nicht jedes Jahr unser Konzept über den Haufen werfen. Wir müssen uns auf etwas verlassen können, das ist auch im Sinne unserer Angestellten. Sollte der Schanigarten aufgrund des Radwegs wegfallen, können wir keine 15 Leute mehr beschäftigten", sagt Deschmann.
Dass trotz des Radweges der Schanigarten erhalten bleiben könnte, daran glaubt auch Rainer Trefelik nicht. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kellner beim Fahrrad-Streifen durchservieren dürfen", sagt der Obmann der Sparte Handel der Wirtschaftskammer Wien.
Trefelik ist von der Vorgehensweise der Stadt irritiert. "Der Radwegverkehr ist natürlich wichtig, aber das ist nicht der einzige Faktor. Wir brauchen auch die Schanigärten", so Trefelik, der ein Verkehrskonzept fordert, mit dem alle Beteiligten leben können.
"Für uns ist nichts fix. Bitte zurück an den Start! Denn man muss auch berücksichtigen, was gut für die Wirtschaft ist", sagt Rainer Trefelik.
Während Trefelik kein Freund von Demonstrationen ist, könnte es sich Akan Keskin durchaus vorstellen, als letzte Konsequenz, wie er sagt, eine Demo gegen den geplanten Radweg zu organisieren. Laut Keskin sind 120 Naschmarkt-Standler und 230 Betriebe von dem Bau der Radstrecke betroffen. "Der Lieferverkehr für uns Kleinstunternehmer ist gefährdet. Wenn der Radweg so wie von Chorherr angekündigt wurde, gebaut wird, dann müssen nicht nur die Schanigarten weichen, sondern müssen auch Lieferzonen der Supermärkte, die Taxistände und die Haltestelle des Touristenbusses auf die Seite des Naschmarktes verlegt werden. Dann bleibt kein Platz mehr für Naschmarkt-Lieferanten und weitere Parkplätze für die Naschmarkt-Besucher würden wegfallen", sagt der Obmann des gemeinnützigen Vereins zur Förderung des Marktgewerbes. "Wir müssen uns alle an einen Tisch setzen und Alternativen diskutieren, denn über uns drüberzufahren ist keine gute Geschichte", so Keskin.
Auch für Mariahilfs SPÖ-Bezirksvorsteher Markus Rumelhart hat das "mediale Vorpreschen des Grünen-Planungssprechers Christoph Chorherr für Irritation gesorgt", wie Rumelhart erklärte. "Es gibt weder Planungsdetails noch Kostenschätzungen. Auf dieser Basis von fix zu sprechen, kann nur verwundern", so Rumelhart. Das Ganze sei ein wenig unglücklich über die Bühne gegangen, so Rumelhart im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Wir sind in jetzt in laufenden Gespräch mit der Stadt. Die Idee des Lückenschlusses gibt es schon lange. Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Es ist logisch, dass man versuchen muss, den Radverkehr von den äußeren Bezirken über die Linke oder Rechte Wienzeile oder über den Naschmarkt in den ersten Bezirk zu führen", so der SPÖ-Bezirksvorsteher.
Welche Variante letztendlich realisiert werde, stehe laut Rumelhart noch nicht fest. "Es ist eine ungewöhnliche Vorgehensweise. Normalerweise werden zuerst mehrere Varianten diskutiert, bis man sich auf eine einigt. In diesem Fall war es umgekehrt. Bei der Vorverhandlung wurde nur eine Variante, der direkte Lückenschluss entlang der Linken Wienzeile, präsentiert. Dies hat einen Diskussionsprozess in Gang gebracht", sagt Rumelhart. Das hieße aber noch nicht, dass der Radweg entlang der linken Wienzeile in Stein gemeißelt sei, da es weder eine Machbarkeitsstudie noch eine Detailplanung gebe.
Rumelhart möchte die Variantenprüfung und die nächsten Gespräche abwarten. Subjektiv gesehen, präferiere er den Lückenschluss entlang der Linken Wienzeile nicht. "Nicht nur wegen der Parkplätze, sondern auch wegen dem hohen Anteil der Gastroszene. Entlang der Wienzeile flanieren auch viele Menschen", sagt er. Theoretisch gesehen, hat der Bezirk aber kein Mitspracherecht. "Ich bin jedoch jetzt wieder positiv gestimmt und gehe davon aus, dass demnächst die Variantenprüfung stattfindet, diese gut kommuniziert wird und wir als Bezirk eingebunden werden", betont Markus Rumelhart.
"Nächstes Jahr, wo auch immer"
Auch die Stadt rudert zurück. Dass die von Christoph Chorherr in der Vorwoche angekündigten Pläne fix seien, kann man im Büro Vassilakou so nicht bestätigen. "Es ist eine gute Variante, aber welche letztendlich realisiert wird, wird sich nach den Gesprächen zeigen", heißt es.
Ziel sei es, im Bereich des Naschmarktes den Lückenschluss im Radwegnetz zu schließen. Und zwar im nächsten Jahr, denn da wird die der Wienzeile saniert, im Zuge dessen soll auch der Radweg, wo auch immer, gebaut werden.