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Am Sonntag war dann die Welt wieder in Ordnung. Eine trotz sachlicher Fragestellungen doch ein wenig hofzeremoniell wirkende "Pressestunde" gab dem wiedergewählten Bundespräsidenten am Sonntag Gelegenheit, zwar nur bei den von ihm sorgsam ausgewählten Themen, aber eben doch, die für die zweite Amtszeit angekündigten schärferen Konturen zu zeigen.
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Und diese "Pressestunde" gab dem ORF-TV die Chance, eine Scharte in der üblichen ORF-Behandlungskultur des Staatsoberhaupts auszuwetzen, welche die "ZIB 2" am Donnerstag in den Augen zumindest von Fischer-Anhängern und -Wählern geschlagen hatte. Da wurden nämlich alle jene Themen ausgebreitet, bei denen Fischer es vorzieht, eher verhüllende Beredsamkeit statt nackter Klarheit walten zu lassen oder sie nach Möglichkeit gar nicht zu berühren; da kamen fast ausschließlich Kritiker und parlamentarische Gegner zu Wort; da ließ man sogar den SPÖ-Klubobmann uneins mit Fischer sein; da ging eine forsche Lou Lorenz vor einer halben Million Zusehern überhaupt nicht zimperlich mit dem Bundespräsidenten um.
Egal, ob das am Donnerstag ein journalistischer Mutanfall oder eine kalkulierte Alibiaktion zur Unterbrechung der Fischer-Festspiele des Fernsehens war, nach dem Sonntag ists wohl ausgebügelt und vergessen. Der Bundespräsident, dem in der "Pressestunde" 76.000 zugesehen und -gehört hatten, konnte dann am Abend vor dem Fernseher in Mürzsteg als einer von fast 1,7 Millionen Zusehern des WM-Endrundenmatches einen zweiten "Sieg" feiern, hatte er sich doch am Vormittag klar und eindeutig geoutet, "von Anfang an auf die Spanier gesetzt" zu haben...