Kanzleramtsminister Josef Ostermayer legt einen Entwurf für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses vor.
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Wien. Noch ist es nicht so weit. Aber immerhin: Es gibt ein Licht am Ende des dunklen Amtsgeheimnis-Tunnels. Nach längerem Hin und Her (die "Wiener Zeitung" berichtete) hat Kanzleramtsminister Josef Ostermayer am Dienstag einen Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz in Begutachtung geschickt. Da es sich dabei um eine Verfassungsmaterie handelt und es zusätzlich konkrete Gesetze auf Bundes- und Länderebene braucht, ist jedoch eine lange Vorlaufzeit eingeplant: Erst mit 1. Jänner 2016 soll das Amtsgeheimnis in seiner jetzigen Form Geschichte sein.
Derzeit ist in Österreich als einem der wenigen Länder weltweit die "Amtsverschwiegenheit" in der Bundesverfassung verankert. Im selben Artikel ist geregelt, dass öffentliche Stellen Auskunft zu geben haben - aber nur auf Antrag und "soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht". Dieser Passus diente bis jetzt zahlreichen Behörden als Grund, auf Fragen nicht zu antworten.
Ostermayers Entwurf, der am Dienstag den Ministerrat passiert hat und der "Wiener Zeitung" vorliegt, soll diese Schräglage nun gerade rücken. Das Amtsgeheimnis, das nur in besonderen Ausnahmefällen durch ein Recht auf Auskünfte durchbrochen werden kann, soll durch eine Auskunftspflicht ersetzt werden, die nur in besonderen Ausnahmefällen beschränkt werden kann. So sollen alle Behörden auf allen Verwaltungsebenen - also nicht nur wie ursprünglich geplant die Bundesbehörden - "Informationen von allgemeinem Interesse" in einer "für jedermann zugänglichen Art und Weise" veröffentlichen.
Auch Unternehmen erfasst
Neu ist, dass explizit die Gerichte sowie RH-geprüfte Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mehr als 50 Prozent hält, von der Veröffentlichungspflicht umfasst sind. Ausnahmen gibt es etwa, wenn es um Datenschutz, außen- und sicherheitspolitische oder auch wirtschaftliche Gründe geht.
Einige Punkte, wie sie unter anderem die NGO Transparenzgesetz.at, gefordert hat, fehlen jedoch. Zum Beispiel ist keine Datenbank vorgesehen, um die allgemeine Zugänglichkeit zu gewährleisten. Das könnte allerdings noch einfachgesetzlich geregelt werden. Ebenso fehlt eine genaue Definition, was unter "Informationen von allgemeinem Interesse" zu verstehen ist. Im Entwurf finden sich nur einige Beispiele (etwa ist von "allgemeinen Weisungen, Statistiken, Gutachten und Studien" die Rede). In den Erläuterungen ist genauer definiert, was gemeint ist: "Jede amtlichen bzw. unternehmerischen Zwecken dienende Aufzeichnung." Anders als in anderen Ländern mit Informationsfreiheitsgesetzen sind Entwürfe und Notizen aber dezidiert ausgeschlossen.
Schließlich ist man auch - entgegen dem ursprünglichen Entwurf - davon abgekommen, einen Informationsfreiheitsbeauftragten einzusetzen, der die Einhaltung der Bestimmungen überprüfen und in Streitfällen schlichten soll. Ostermayer begründete diesen Rückzieher mit dem Sparwillen der Regierung: "Wir wollen nicht gleichzeitig die Verwaltung aufblähen." Stattdessen sollen wie immer Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof bei Nicht-Einhaltung angerufen werden.
NGO unzufrieden
Für Josef Barth, Mitbegründer von Transparenzgesetz.at, ist das nur einer von vielen Gründen, den Entwurf abzulehnen: "Wenn man hier angesichts von Milliardenkosten in der Hypo-Causa gerade den einzigen Beamten Österreichs einsparen will, der die Interessen der Bürger auf Aufklärung schnell, effektiv und kostenlos durchsetzen könnte, spricht das für sich", sagte er. Auch sonst sieht er kaum einen der internationalen Mindeststandards eingehalten - es seien "viele Hintertüren eingebaut", um das Gesetz "problemlos kippen" zu können.
Erfreut zeigte sich indes Außenminister Sebastian Kurz. Er hatte als Chef der Jungen ÖVP immer wieder ein Informationsfreiheitsgesetz gefordert. Was die für die Gesetzesänderung nötige Verfassungsmehrheit im Parlament betrifft, so hofft Ostermayer auf die Hilfe der Grünen. Diese meinten, eine Blanko-Unterstützung werde es nicht geben. Verhandlungen "unter Einbindung der aktiven Zivilgesellschaft" könnten aber sofort starten. Auch FPÖ und Team Stronach zeigten sich durchaus angetan, die Neos wollen sich das Papier noch genau anschauen. Ostermayer strebt einen Beschluss im Nationalrat noch vor dem Sommer an.