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Auskunftspflicht für die Heimat des Huhns

Politik

Die Herkunft von Fleisch, Milch und Eiern muss künftig ausgeschildert werden. Die Pflicht gilt nicht für alle Lebensmittel und nicht überall.


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Woher das Fleisch, die Milch und die Eier in Speisen stammen, muss künftig ausgeschildert werden. Die Regierung hat sich auf die in ihrem Arbeitsprogramm vereinbarte Herkunftskennzeichnung geeinigt, wie die ÖVP am Wochenende bekannt gab. Für die entsprechende Verordnung zuständig ist allerdings das Konsumentenministerium von Johannes Rauch (Grüne). Dort wird die Einigung nicht dementiert, ob die Verordnung bereits diese Woche in Begutachtung geschickt wird, wie die "Kronen Zeitung" meldete, wollte man aber nicht bestätigen.

Die geplante Regelung hat bereits eine längere Geschichte hinter sich. Vor zwei Konsumentenministern war die Verordnung bereits fast fertig. Aber eben nur fast. Rudolf Anschober war damals mit einem Entwurf offensiv an die Öffentlichkeit gegangen, in dem die ÖVP beim Koalitionspartner einen Lesefehler des Regierungsprogramms ortete. In dieses wurde zwar die Kennzeichnungspflicht für Fleisch, Eier und Milch hineingeschrieben, dass sie aber auch in der Gastronomie gelten soll, nicht. Doch genau das sah der einstige Entwurf Rudolf Anschobers vor.

Grüne wollen weiter die Gastronomie inkludieren

Vielleicht waren es aber auch nur unterschiedliche Deutungen der Formulierung, auf die sich ÖVP und Grüne bei den Koalitionsverhandlungen verständigt hatten. Denn die von der heimischen Landwirtschaft geforderte Kennzeichnung sollte demnach in "verarbeiteten Lebensmitteln" sowie in der "Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat)" gelten. Aber ist mit "privater Gemeinschaftverpflegung" das Wirtshaus gemeint? Oder nur die Kantine? Und wäre das überhaupt rechtlich sauber zu trennen?

Die beiden Regierungsparteien haben sich nun darauf geeinigt, dass die Herkunft der Primärzutaten (mehr als 50 Prozent des Lebensmittels) überhaupt nur dann in "Gemeinschaftsverpflegung" ausgeschildert werden muss, wenn die öffentliche Hand der Auftraggeberin ist. Also etwa in Spitälern oder Gefängnissen. Dass die Kennzeichnungspflicht damit ausgerechnet in Bereichen kommt, in denen die Wahlmöglichkeiten der Konsumenten doch stark eingeschränkt sind, erscheint etwas eigentümlich. Im Büro von Minister Rauch will man langfristig aber ohnehin die Gastronomie inkludieren. Diese Verordnung sei nur ein erster Schritt.

Industrie warnt vor Wettbewerbsnachteil

Auch wenn sich die Grünen in diesem Punkt vorerst nicht durchgesetzt haben, ist die Herkunftskennzeichnung für die Kanzlerpartei grundsätzlich heikler. Die ÖVP muss gleich mit mehreren Interessen jonglieren. Die Landwirte drängen darauf, die Gastronomie lehnt es aber ab, und die Industrie wehrt sich auch gegen den Plan. Sie ist aber nun hauptbetroffen, denn auf den Etiketten von verarbeiteten Lebensmitteln, zum Beispiel Tiefkühlkost, Käse und Wurst, wird künftig aufgedruckt sein müssen, woher die Primärzutaten kommen. Konkret, wo das Tier geboren, gemästet und geschlachtet (oder gemolken) und wo das Ei gelegt wurde.

Während die Kunde in der Landwirtschaftskammer mit Freude vernommen wurde, kommt Kritik aus der Lebensmittelindustrie. Unter anderem wird vor Preissteigerungen und auch einem Wettbewerbsnachteil für österreichische Produzenten gewarnt. Die geplante Regelung würde nur für diese gelten, nicht für ausländische Hersteller, für die Unionsrecht gilt. Auch auf EU-Ebene gibt es eine Pflicht zur Kennzeichnung, sie ist aber bisher weniger streng. In Brüssel will man auch nachschärfen, Türkis-Grün wollen darauf aber nicht warten.(sir)