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Ausland hat Tor zu 70% vernagelt

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Die heimischen Stromversorger sind seit einem halben Jahr dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt. Wieso dieses Match nicht nach fairen Regeln abläuft, erklärt Wienstrom-Direktor Friedrich Pink im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".


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Friedrich Pink, der die Geschicke bei Wienstrom lenkt, vergleicht den europäischen Strommarkt mit einem Fußballmatch, bei dem nicht jede Mannschaft von vorne herein dieselben Chancen hat: "Wir Österreicher haben das Tor zu 100% offen und der Rest hat es zu 70% zugenagelt." Unter solchen Umständen könne auf keinen Fall von fairem Wettbewerb gesprochen werden. Der österreichische Strommarkt ist auch für Anbieter aus dem Ausland seit Oktober 2001 zu 100% geöffnet. "Jeder kann bei uns Strom anbieten." Umgekehrt stoßen heimische Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) auf größte Schwierigkeiten, wenn sie Strom exportieren wollen. Grund dafür ist laut Pink die Verbändevereinbarung der Deutschen Stromversorger, bei der es nur einen verhandelten Netzzugang gibt, und die Abschottung des französischen Marktes. In Deutschland wacht kein Regulator über das Tarifsystem der Stromindustrie, dort diktieren die Verbände die Netztarife - zum Leidwesen der Österreicher. Denn will ein österreichisches EVU seinen Strom durchleiten, muss es mit dem ansässigen Stromversorger oft wochenlang über die Höhe der Durchleitungsgebühr verhandeln.

Die Franzosen machen es sich noch leichter. Sie öffnen den Markt soweit wie notwendig, nämlich zu 30%, ausschließlich für Großkunden. Auf Grund des in der EU gültigen Reziprozitätsprinzips dürften sie in Österreich nur im selben Umfang anbieten. Doch über die Beteiligung der Electricité de France (EdF) am deutschen Stromkonzern EnBW und die Beteiligung am steirischen Stromversorger EStAG kann der heimische Markt ohne Beschränkung beackert werden. Pink hofft, dass die EU diesem unfairen Spiel ein baldiges Ende bereitet. Er hält auch aus diesem Grund Beschwerden der ausländischen Stromindustrie über die Österreichische Stromlösung für entbehrlich: "Unser System der Durchleitung ist vorbildlich. Da sollten erst einmal die anderen diesem gutem Beispiel folgen." Außerdem sei die "Strom Austria" am europäischen Markt ein vergleichsweise kleiner Player.

Dass die Wienstrom wie der Rechnungshof zuviel Personal hat, weiß der Direktor. Obwohl die Prüfer noch "von antiquierten Zahlen" ausgegangen sind. Derzeit sind im Strombereich 3.200 Mitarbeiter beschäftigt, in den nächsten Jahren sollten es weit weniger als 3.000 sein. Wienstrom will in puncto Kosten und Service Marktführer werden. Doch die vom Stromregulator vorgegebene Senkung der Netzkosten um 20 bis 30% hält Pink für stark überzogen, will man die Qualität der Versorgung auf Dauer erhalten.