ABA-Chef Siegl im "WZ"-Interview. | Österreich bei Arbeitskräften spitze. | Wien. Die Austrian Business Agency (ABA) geht aktiv auf internationale Unternehmen zu, um sie für den Standort Österreich zu gewinnen. Ansiedlungswilligen stehen Geschäftsführer René Siegl und seine 24 Mitarbeiter kostenlos mit Rat und Tat zur Seite.
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Wiener Zeitung:Welche Argumente sprechen für den Standort Österreich?René Siegl: Wir setzen auf die Qualität und Motivation der österreichischen Arbeitskräfte, die Stabilität des Landes, die Brückenfunktion Österreichs nach Mittel- und Osteuropa und die günstigen steuerlichen Voraussetzungen.
Welche Rolle spielen diverse Standortrankings?
Unternehmen lassen sich davon nicht wirklich leiten. Vor einer Standortentscheidung werden bis zu 18 Monate in Recherche und Vorbereitung investiert.
Sie haben die Qualität der Arbeitskräfte angesprochen. Wie wirkt sich da die niedrige Akademikerquote aus?
Dafür sind wir im mittleren Bildungsbereich bei den Spitzenreitern. Außerdem gleicht ein HTL-Abschluss vom Niveau her manchmal schon einem Kurzstudium in anderen Ländern.
Österreich versteht sich als Tor zum Osten. Wie lange werden wir das noch sein?
Österreich gilt zwar immer noch als bequeme Basis zur Bearbeitung der osteuropäischen Märkte, aber das wird nicht auf alle Zeiten so bleiben. Der Vorsprung Wiens schrumpft, je mehr Ost-Destinationen die Flughäfen Budapest und München anbieten.
Welche Unternehmen siedeln sich in Österreich an?
Branchenmäßig verzeichnen wir eine starke Streuung. Allerdings wird es immer schwieriger, große Firmen - etwa aus der Industrie - nach Österreich zu bringen. Diese gehen in Länder mit günstigeren Arbeitskosten.
Holen Sie den heimischen Unternehmen nicht zusätzliche Konkurrenz ins Land?
Vereinzelt hören wir diesen Vorwurf. Zu Problemen kommt es manchmal im Kampf um qualifizierte Fachkräfte, wenn es - etwa im Metallbereich - Knappheitserscheinungen gibt.
Wie beurteilen Sie das neue Regierungsprogramm?
Die Steuern sind zum Glück unangetastet geblieben. Darüber hinaus sehen wir die Flexibilisierung der Arbeitszeit und die Anhebung der Quote bei Forschung und Entwicklung sehr positiv. Allerdings entspricht im Infrastrukturbereich das Verteilungsgewicht zugunsten der Bahn nicht den Wünschen unserer Kunden, und die Anhebung der Krankenversicherungsbeiträge ist von der Signalwirkung her auch nicht förderlich.
Welche Maßnahmen würden dem Standort gut tun?
Wir wünschen uns eine Senkung des Spitzensteuersatzes auf etwa 45 Prozent und eine Abschaffung der Quotenregelung für ausländische Schlüsselarbeitskräfte. Wir haben schon Firmen - etwa aus Asien - gehabt, denen es nicht möglich war, ihren Geschäftsführer anzustellen. Das ist natürlich ein Schlag ins Gesicht.
Zur Person
(mel) René Siegl wechselte vor zehn Jahren vom Arbeitsmarktservice, wo der heute 47-jährige für das Marketing zuständig war, zur Austrian Business Agency.
Der studierte Jurist und Betriebswirt gilt als Musikliebhaber. Seine CD-Sammlung reicht von Country bis Punk. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter.