Zum Hauptinhalt springen

Ausländische Interessen knebeln ein Wüstenvolk

Von Markus Rapp

Politik

Wien - Marokko hält die ehemals spanische Kolonie, die vom Beduinenstamm der Sahrauis beansprucht wird, zu weiterer Ausbeutung annektiert. Mohamed Khaddad, Chefverhandler der Exilrepublik DARS bei der UNO, erläuterte gestern in Wien, warum die bisher schon drei Unabhängigkeitsreferenden scheitern mussten: Weil ständig neue marokkanische "Siedler" in den Wählerlisten auftauchten, und weil die USA und Frankreich dort Öl- und Gasvorkommen explorieren.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 21 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Demokratische Arabische Republik Sahara (DARS, Sitz der Exilregierung ist Algier) konnte sich der Feindschaft Frankreichs gewiss sein, weil sie von Algier unterstützt wird.

1975 schickte Marokkos König Hassan II. 350.000 Siedler nach Westsahara, "siedeln" tut indes bis heute dort kaum jemand: Von den rund 180.000 Marokkanern, die dort jetzt leben, sind 150.000 Soldaten mit Angehörigen, die Übrigen arbeiten im Phosphatabbau - dem eigentlichen Ziel des "Grünen Marsches", oder sie fischen die Küsten leer, zum Unbehagen Spaniens. Von 1979 an bis zum UNO-vermittelten Waffenstillstand 1991 kämpfte die sahrauische Befreiungsbewegung Polisario dagegen an. Doch ein großer Teil der angestammten Bevölkerung floh. Heute leben rund 160.000 Sahrauis in UNO-betreuten Flüchtlingslagern in der Wüste Algeriens, die etwa 120.000 Daheimgebliebenen tragen ein "S" in ihren marokkanischen Ausweisen. Reisepässe bekommen sie gar nicht.

Seitdem die Polisario 1991 ihre Guerrilla beendete, sind drei Unabhängigkeitsreferenden gescheitert, 1992, 1998, 2000. Eine Farce, wenn Besatzungssoldaten über die Unabhängigkeit der Besetzten abstimmen. Zuletzt hat die UNO mit Ex-US-Außenminister James Baker noch den Bock zum Gärtner gemacht: Sein Konzept einer Autonomie für Westsahara als Teil Marokkos wurde aber abgelehnt. Inzwischen explorieren nämlich die US-Firma Kerr-McGee und die französische Elf sahrauische Öl- und Gasvorkommen. So könnte die eine Mio. USD, welche die Besatzung Marokko täglich kostet, doch noch hereinkommen. Darüberhinaus ist die EU Marokkos größte Geldgeberin.

Mit dem Streit um die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla hat die DARS indes einen unerwarteten Partner bekommen: Madrid wird die ehemals wichtigen Bastionen nicht räumen, ehe die Sahrauis ihr Land zurück haben. Khaddad fragt optimistisch: "Wer hätte denn vor fünf Jahren auch nur eine Pesete auf die Unabhängigkeit Osttimors verwettet?"