Hochspannung herrscht im Europäischen Parlament in Straßburg vor dem Ende des EU-Vermittlungsverfahrens zur Verlängerung des Transitvertrages. Die österreichischen Europa-Parlamentarier weisen indes Schuldzuweisungen aus Wien am bisherigen Misserfolg in der Frage zurück.
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Optimistisch geben sich die EU-Abgeordneten Hannes Swoboda von der SPÖ und Reinhard Rack von der ÖVP, die beide Mitglieder des Vermittlungsausschusses von EU-Parlament und EU-Rat sind: In dem Vermittlungsverfahren, das bis längstens Mittwoch nächster Woche (26. November) dauern könne, werde ganz sicher ein Kompromiss erzielt, sagten die österreichischen Abgeordneten vor Journalisten in Strassburg. Sollte das Ökopunkte-System tatsächlich verlängert werden, könnten damit jedoch nur etwa 40 Prozent des (schadstoffhöheren) Lkw-Transits gesteuert werden, rechnen Rack und Swoboda. Denn die übrigen 60 Prozent der die österreichischen Grenzen passierenden Lkw sind bereits moderne, schadstoffärmere Fahrzeuge, die keine Ökopunkte benötigen.
"Falsches Lobbying"
Mangelnde Unterstützung und Kooperation der österreichischen Regierung mit den EU-Abgeordneten monierten vor allem Swoboda und Grünen-Abgeordnete Johannes Voggenhuber. Swoboda stößt sich an den österreichischen "Parallelaktionen". Seit der EU-Mitgliedschaft habe "Österreich immer noch nicht gelernt, wie man sich auf europäischer Ebene durchsetzt", so Swoboda. "Sich rechtzeitig koordinieren, sagen, was man will, und Lobbying machen" - das sind die Lehren, die der SP-Parlamentarier der Bundesregierung für die Zukunft ins Stammbuch schreiben würde. Denn derzeit wird auf EU-Ebene der Beschluss der Maut-Richtlinie vorbereitet.
Zuletzt hatte Bundeskanzler Schüssel mehrfach gemeint, das EU-Parlament sei dafür verantwortlich, dass der Transitvertrag nicht verlängert werde. VP-EU-Delegationsleiterin Ursula Stenzel stellte klar, sie würde jeden Versuch, die Bundesregierung und das Europa-Parlament gegeneinander auszuspielen, zurückweisen. Angesichts des Treffens der Europa-Parlamentarier mit der Bundesregierung und den Parteichefs am Freitag im Bundeskanzleramt kritisierte Johannes Voggenhuber, "wir stehen fünf nach zwölf vor einem Scherbenhaufen".
Die Fahrtenbeschränkung für Transit-Lkw durch Ökopunkte sei "sowieso ein Auslaufmodell", fand gestern in Strassburg Stephan Schwarzer von der Wirtschaftkammer Österreich. Die Lkw streckenabhängig zur Kasse zu bitten "bringt viel mehr", appellierte Schwarzer für die so genannte Wegekostenrichtlinie ("Maut"). Diese werde jedoch erst in zwei bis drei Jahren in Kraft treten. Schwarzer erhofft sich von der EU-weiten Maut-Regelung eine stärkere Harmonisierung. Österreich sei nämlich "eine Hochkosten-Insel im Verkehrsbereich", das werde zu Einbußen führen, warnte der Wirtschaftsvertreter.
Von den innerstaatlichen Maßnahmen, die derzeit diskutiert werden, hält Schwarzer wenig. Etwa sektorale Fahrverbote oder Nachtfahrverbote würden dem EU-Recht widersprechen bzw. nicht differenzieren und zu größerem Umgehungsverkehr führen.