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Auslieferungshaft für Kroatiens Ex-Premier

Von WZ Online

Europaarchiv

+++ Staatsanwalt fordert 15 Jahre Haft wegen Korruption. | Zagreb/Wien/Salzburg/Lech. Über den kroatischen Ex-Premier Ivo Sanader ist am Samstag vom Landesgericht Salzburg eine zunächst mit 14 Tagen befristete Auslieferungshaft verhängt worden. | Netzwerk der Korruption


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Der zuständige kroatische Staatsanwalt Mladen Bajic will laut einem Zeitungsbericht in seiner Anklage gegen den am Freitag auf der Tauernautobahn festgenommenen früheren kroatischen Ministerpräsidenten Ivo Sanader die Höchststrafe fordern. Sanader wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung im Fall "Fimi Media" und Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit dem Verkauf von Strom durch den staatlichen Konzern HEP an die Chemiefirma Dioki vorgeworfen.

Sanader wurde am Freitagnachmittag auf der Tauernautobahn in Salzburg festgenommen. Gegen ihn lag ein internationaler Haftbefehl vor. Am Samstag wurde gegen den Ex-Premier die Auslieferungshaft verhängt. Sein österreichischer Rechtsanwalt Werner Suppan sagte am Samstagabend gegenüber der APA, Sanader wolle die gegen ihn erhobenen "Vorwürfe so rasch wie möglich aus der Welt schaffen". Der frühere Ministerpräsident lege besonderen Wert auf die Feststellung, dass er sich "nicht auf der Flucht" befunden habe, sondern vielmehr im Begriff gewesen sei, nach Kroatien zurückzureisen.

Sanaders Anwälte seien mit der kroatischen Staatsanwaltschaft in Kontakt gewesen, um einen Einvernahmetermin vorzubereiten, erklärte Suppan. Der frühere Regierungschef wolle mit den kroatischen Behörden kooperieren.

Außenminister Michael Spindelegger (V) sagte am Samstag am Rande des Mediengipfels in Lech am Arlberg, er rechne damit, dass Sanader an Kroatien ausgeliefert werde. Die Angelegenheit sei zwar "unangenehm für die kroatische Führung", es sei aber auch "gut, dass jetzt die Gerichte das Wort haben", meinte der Außenminister.

In Kroatien meldeten sich am Wochenende Ministerpräsidentin Jadranka Kosor und Staatspräsident Ivo Josipovic zu Wort. Seitdem Sanader vor eineinhalb Jahren ohne jede Angabe von Gründen zurückgetreten war, hatte seine Nachfolgerin die Bekämpfung der Korruption auf ihre Fahnen geheftet. Dutzende Manager und Funktionäre wurden verhaftet, zwei ehemalige Minister sind inzwischen zu Haftstrafen verurteilt worden. Laut Medienspekulationen könnte Sanader der "Kopf der Korruptionskrake" gewesen sein. Der ehemals starke Mann im Land hat alle Vorwürfe bestritten und spricht von einer politischen Kampagne seiner Gegner.

Kosor sagte gegenüber kroatischen Medien, die Verfassung garantiere, dass vor dem Gesetz alle gleich seien und dass jeder als unschuldig gelte, bis vor Gericht das Gegenteil bewiesen sei. Die Regierungschefin wird am Montag zu einem bereits länger geplanten Besuch in Wien erwartet. Josipovic lobte den Kampf der kroatischen Regierung gegen die Korruption.

Sanader wurde am Sonntag am Landesgericht Salzburg erneut von einem Haftrichter einvernommen. "Er wurde mit Pauschalvorwürfen konfrontiert, die er alle zurückgewiesen hat", erklärte Rechtsanwalt Suppan. Sanader werde in der Justizanstalt gut verpflegt, "er hat nichts zu beanstanden", so Suppan.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg wartet noch auf die Übermittlung der Auslieferungsunterlagen aus Kroatien. Die Dokumente sollten bis spätestens Dienstag in Salzburg vorliegen, erklärte Mediensprecherin Barbara Feichtinger.

Das Interesse der kroatischen Medien an Sanaders unfreiwilligem Aufenthalt in der Stadt Salzburg war groß. Rund 20 Journalisten warteten am Wochenende vor den Toren des Salzburger Landesgerichts und der angeschlossenen Justizanstalt auf Neuigkeiten. Personen, die ein- und ausgingen, wurden über den prominenten Häftling befragt. Staatsanwältin Feichtinger bekam allein am Samstag 35 Anrufe von kroatischen Journalisten. Auch das Mobiltelefon des Leiters der Justizanstalt, Dietmar Knebel, klingelte öfter als sonst.