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Ausnahmezustand und viele Tote in Abidjan

Von Koura Bagassy

Politik

Abidjan - Vier Tage vor der Parlamentswahl an der Elfenbeinküste hat das Oberste Gericht den Einflussreichsten Oppositionspolitiker von der Kandidatur ausgeschlossen.


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Der Vorsitzende der Republikanischen Sammlungsbewegung (RPR), Alassane Dramane Ouattara, dürfe nicht als Bewerber antreten, da er möglicherweise nicht im Besitz einer gültigen Staatsbürgerschaft sei, erklärte das Gericht in Abidjan am Freitag. Es bestünden Zweifel an der Echtheit von Ouattaras Ausweispapieren.

Die politischen und ethnischen Spannungen in der Elfenbeinküste sind erneut gewaltsam eskaliert. In mehreren Teilen der Hauptstadt Abidjan errichteten Jugendliche am Dienstag brennende Barrikaden und lieferten sich Straßenschlachten mit der Polizei und Anhängern der Regierung. Mindestens 30 menschen wurden getötet, die meisten von ihnen im Arbeiterviertel Abobo. Die Regierung verhängte den Ausnahmezustand über das einst so stabile westafrikanische Land, das seit dem Tod von Präsident Houphouet-Boigny im Jahr 1993 nicht zur Ruhe kommt.

Auslöser der Gewalt in mehreren Städten ist der Ausschluss des Oppositionspolitikers Alassane Dramane Ouattara von der Parlamentswahl am kommenden Sonntag - das Oberste Gericht begründet dies mit Zweifeln an seiner Herkunft. Ouattara, der Vorsitzender der Republikanischen Sammlungsbewegung (RDR) ist, hat starken Rückhalt im islamisch geprägten Norden der Elfenbeinküste. Hingegen findet die erst seit wenigen Wochen amtierende Regierung von Präsident Laurent Gbagbo vor allem im nominell katholischen Süden des Landes Zustimmung.

Mit Macheten und Eisenstangen bewaffnete junge Männer kontrollierten an Straßensperren Passanten und attackierten alle, die sie als Anhänger der Regierung verdächtigten. Mehrere zehntausend Anhägner Ouattaras zogen durch die Straßen. Nach stundenlangen Kämpfen mit der Polizei stiegen Rauchwolken über dem Stadtteil Abobo auf. Die Polizei setzte Tränengas und scharfe Munition ein. Anhänger Ouattaras griffen einen Polizisten an und brachten ihn mit ihren Hackmessern um. Zu gewaltsamen Protesten kam es auch in den Städten Kong, wo Ouattara geboren wurde, und Bouake.

Präsident Gbagbo erklärte, dass er Polizei und Armee verstärken werde. Der Ausnahmezustand beinhaltet ein zunächst für eine Woche befristetes Ausgehverbot von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr.

RDR-Sprecher Amadou Coulibaly kündigte an, dass die Proteste bis zur Zulassung Ouattaras bei der Wahl am Sonntag fortgesetzt werden sollten. Ansonsten werde die RDR die Wahl boykottieren. Nach seinen Angaben wurden bei den Kämpfen 15 Menschen getötet. Mehrere RDR-Politiker seien festgenommen worden.

Die westafrikanische Republik war bereits nach der Präsidentenwahl vom 22. Oktober von einer mehrtägigen Welle der Gewalt heimgesucht worden. Unter dem Druck von Demonstrationen wurde am 25. Oktober der Militärmachthaber Robert Guei gestürzt und vom mutmaßlichen Wahlsieger Gbagbo von der Ivorischen Volksfront abgelöst. Bei der Präsidentenwahl war Ouattara ebenfalls nicht zugelassen worden. Anschließend kam es zu Zusammenstößen mit dessen Anhängern, bei denen mindestens 200 Menschen ums Leben kamen.

An der Elfenbeinküste waren nach der Präsidentenwahl am 22. Oktober, von der Ouattara ebenfalls ausgeschlossen worden war, bei einer mehrtägigen Welle der Gewalt mindestens 200 Menschen ums Leben gekommen. Wahlsieger Laurent Gbagbo von der Ivorischen Volksfront übernahm die Nachfolge des gestürzten Militärmachthabers Robert Guei und wies internationale Forderungen nach einer Neuwahl zurück.

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Bagassy ist Korrespondent von Tribüne Afrikas.