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Ausreichende Islamlehrer-Ausbildung?

Von Stefan Beig

Politik

Betroffenheit über Islamlehrer-Studie unter den Dozenten. | Muslime kritisieren den Studienautor. | Wien. "Es herrscht Betroffenheit", Gernot Galib Stanfel, Dozent an der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (Irpa), beschreibt die Stimmung, seit die Islamlehrer-Studie für heftige Kritik an der Islamischen Glaubensgemeinschaft sorgt. Stanfel betont, dass gerade an der Irpa Demokratie und Rechtsstaat hervorgehoben wurden.


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20 Prozent der Islamlehrer lehnen laut Studie die Demokratie ab. Die meisten Lehrer absolvierten kein

Irpa-Studium. Doch auch der Studentenvertreter an der Irpa erklärte: "Die Demokratie kann mit der Scharia (islamisches Recht, Anm.) nicht vereinbart werden, weil es in der Scharia Gesetze gibt, die eingehalten werden müssen. In einer Demokratie bestimmt die Mehrheit. Das würde das komplette System umwerfen." Laut Stanfel ist der Student noch im ersten Semester.

Für Empörung sorgte auch, dass 18,2 Prozent der Lehrer Verständnis für die Todesstrafe beim Abfall vom Islam äußern. "Wenn die Studienergebnisse stimmen, bin ich auch entsetzt", meint Elsayed Elshahed, der bis 2008 Irpa-Leiter war. Elshahed vermutet, dass die kurze Zeit zum Ausfüllen der Fragebögen das Ergebnis verursachte.

"Mehrere Gelehrte fordern die Todesstrafe für Apostasie", räumt er ein. "Ich halte das für falsch: Der Koran betont die Religionsfreiheit. Nirgendwo kommt Todesstrafe für Apostasie vor. Es gibt einen Hadith (Bericht über Handlungen Mohammeds), der sagt: ,Wer seine Religion wechselt, den soll man töten.´ Wörtlich genommen betrifft das jeden Religionswechsel, auch den zum Islam. Das ist absurd. Der Koran hat mehr Gewicht."

Der Verfasser der Studie, Mouhanad Khorchide, ist selbst Irpa-Dozent. "Manche meinen, Khorchide wollte etwas aufdecken", erzählt Stanfel. "Dafür hätte es andere Wege gegeben. Ich kenne nicht seine Absichten. Persönlich schätze ich Khorchide."

Sorge um Einmischung in Islamunterricht

Heftige Attacken erntet der Studienautor hingegen auf der arabischen Internetseite www.ramadan2.com. Ein Leser spricht von einem "schändlichen Akt" Khorchides. "Er soll uns jetzt sagen, wie wir aus dieser Verwicklung herauskommen." Nun "werden sich Leute in den Islamunterricht einmischen, die keine Ahnung vom Islam haben. Wir riechen jetzt den Islamhass". Ein anderer Muslim bezeichnet Khorchide als "Eindringling in den Islam; er attackiert den Islam um eine bessere Stelle zu bekommen."

Enttäuscht ist man auf der Homepage über Wiens Bürgermeister Michael Häupl, der "plötzlich eine andere Person geworden ist." Er verlange eine Gesetzesänderung, die dem Staat mehr Einfluss auf die Auswahl der Islamlehrer geben soll. Die SPÖ-Reaktion überraschte einige Muslime. Noch im November 2008 hatte EU-Abgeordneter Hannes Swoboda zwei Islamlehrern gratuliert, weil Ermittlungen gegen sie wegen Terrorfinanzierung eingestellt wurden.

"Das Modell des Islam in Europa hat noch niemand erfunden", hält Stanfel fest. "Eine Islamische Religionspädagogik ist noch im Entstehen." Stanfel selbst lehrt spirituelle Musik. "Das ist ein ungewöhnliches Fach", das aber einigen Studenten ungewohnte Perspektiven eröffne.