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Nach dem Urteil seiner politschen Gefolgschaft hat Benjamin Netanyahu als Regierungschef drei Jahre lang "keinen schlechten Job gemacht". Er hat in ihren Augen den Staat der Palästinenser
verhindert und "den Arabern die Grenzen" ihrer Forderungen gezeigt. Die Likud-Wahlkampagne stellt heraus, daß Netanyahu kein "israelisches Land weggegeben" habe, wie man es der Arbeitspartei
vorwirft. "Ein starker Führer für ein starkes Volk" sei Netanyahu. Die Zahl der Anschläge sei wegen seiner Standfestigkeit zurückgegangen.
Kritikern verweisen hingegen auf eine Negativbilanz, die eigentlich selbst den Netanyahu-Anhängern unheimlich sein müßte. So hat Netanyahu Israel etwa in einem Maß von den USA entfremdet, das
gefährlich werden kann. Washington ist in den letzten Monaten deutlich auf die Palästinenser zugegangen. Zugleich baut es auch die militärischen Beziehungen zu Nachbarn Israels wie Jordanien und
Ägypten derart aus, daß eigene Generäle in Israel schon warnten, man verliere langsam den traditionellen militärischen Vorsprung in der Region.
Netanyahus Kritikern reicht es indessen nicht, nur auf die außenpolitische Isolation hinzuweisen, in die Israel während der letzten drei Jahre gerutscht ist. Sie werfen ihm vor allem charakterliche
Schwächen vor. Wort- und Vertragsbruch, Lügen, Respektlosigkeit vor den Säulen einer Demokratie wie der unabhängigen Justiz sind einige der Vorwürfe. Die weltlichen Israelis, durchaus auch Rechte,
beklagen, daß Netanyahu sich aus Koalitionserwägungen zuviel Terrain von ultra-orthodoxen Splitterparteien wegnehmen ließ.
Die Kritiker rechnen in diesen Tagen ab. Joel Marcus, Kommentator der renommierten Tageszeitung "Ha'aretz", ist einer von ihnen: "Bibi (Netanyahu) kann nicht ein einziges positives Ergebnis
seiner drei Amtsjahre vorweisen. Er ist als Scharlatan entlarvt, zudem als inkompetenter. Er hat die Uhren zurückgedreht, die ganze Welt ist wieder gegen uns. Bibi, der Clinton nie die Wahrheit sagte
und seine Versprechungen allesamt brach, wird von ihm als verlogener Falschspieler angesehen. Jeder andere wäre ein besserer Premier als er".
Linke wie Rechte stimmen in Israel völlig darin überein, daß Netanyahu den Friedensprozeß praktisch zum Stillstand gebracht hat. Sie bewerten es nur ganz unterschiedlich.
Mit der israelischen Entscheidung im September 1996 zur Öffnung eines Tunnels unter der Jerusalemer Altstadt begann die israelisch-palästinensische Eiszeit. Die zähe Verhandlungsführung bei der
Lösung der Hebron-Autonomie schuf weiteres böses Blut. Der Baubeginn der "Har Homa"-Siedlung für 30.000 Ultraorthodoxe im arabischen Osten Jerusalems führte dann ab März 1997 endgültig zum Stillstand
der Gespräche. Drei Tage später explodierte in einem Cafe in Tel Aviv eine Bombe, drei Frauen starben. Weitere Anschläge folgten.
Der eingefrorene Friedensprozeß, aber auch haarsträubende Geheimdienst-Aktionen des Mossad führten zu weiterem Ärger über Israel im Ausland. Ein fehlgeschlagener Giftmordanschlag ausgerechnet in der
jordanischen Hauptstadt kam Israel zudem teuer zu stehen: Es mußte nicht nur vor den Augen der Welt das Gegengift für das Opfer liefern, sondern auch noch seinen wohl prominentesten Gefangenen, den
Hamas-Gründer Scheich Ahmed Jassin, aus der Haft entlassen.
Auch die Europäer gingen auf Distanz zu Netanyahu. Die kritischen Töne aus Brüssel wurden immer lauter und gipfelten in der Erinnerung an Israel, daß es keineswegs als gegeben annehmen kann, daß sein
Anspruch auf ganz Jerusalem sang- und klanglos akzeptiert wird. Das Ausland wüßte wohl, wen es am 17. Mai abwählte. Aber gerade daraus schlägt Netanyahu vielleicht Kapital bei seiner Anhängerschaft,
die sich vom Rest der Welt verraten fühlt.