Die deutsche Delegation in Washington hat mit ihrer Beschwerde über US-Geheimdienstaktivitäten nicht Außen-, sondern Innenpolitik betrieben.
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Die Gesandten rund um Norbert Röttgen, die Deutschland jüngst nach Washington geschickt hat, um sich dort über US-Spionage zu beschweren, bilden sich sichtlich nicht ein, die US-Politik zu beeinflussen. Ihre Mission war vielmehr, in Deutschland den Anschein von Souveränität zu wahren, indem man repräsentierte, dass man sich auch dem starken Verbündeten nicht bedingungslos unterordnet.
Die deutsche Regierung weiß, dass Deutschland nicht den "Five Eyes" angehört, jener Allianz der engsten Verbündeten der USA mit Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland. Seit den Veröffentlichungen Edward Snowdens und Glenn Greenwalds ist bekannt, dass Deutschland einer zweiten Gruppe von Verbündeten zugeordnet wird, mit denen die US-Dienste zwar kooperieren, die sie bei Bedarf aber auch ausspionieren. Das setzt in der Logik der Geheimdienste keine feindschaftliche Gesinnung voraus.
Wenn Agenten desertieren oder zu konkurrierenden Diensten überlaufen, ist das ein Problem in den eigenen Reihen. Die Verantwortung dafür bei den Begünstigten zu suchen, ist ebenso billig wie unsinnig. Mit Verlaub, Nachrichtendienste sind dafür da, Insiderinformationen zu sammeln, nicht sie abzulehnen. Wie schon im Herbst 2013, als man sich darüber echauffierte, dass das Handy der Kanzlerin abgehört worden war, simuliert Deutschland gerade wieder einen diplomatischen Zwischenfall, den es selbst nicht wahrmachen will. So wurde der US-Botschafter nicht ausgewiesen, sondern zum Gespräch eingeladen. Die Aufforderung an den obersten Repräsentanten der CIA, das Land zu verlassen, ist insofern lediglich eine unfreundliche Geste, als sie von Beteuerungen der Alternativlosigkeit des Bündnisses begleitet wird. Der Außenminister agiert nach der Maxime "Wasch’ mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass", wenn er ankündigt, die Zusammenarbeit vorübergehend auf ein Minimum zu beschränken, denn das heißt im Klartext, dass man sich in zentralen Bereichen weiterhin auf die Arbeit der Amerikaner verlässt. Deutschland war in geheimdienstlichen Fragen nie ein Partner auf Augenhöhe und wäre von einem Ende des Informationsaustausches ungleich stärker betroffen als die USA. In dieser Position ist es schwierig, Ansprüche zu stellen.
Das geforderte "no-spying"-Abkommen wäre das Papier nicht wert, ist Spionage doch ihrem Wesen nach geheim. Das teils unilaterale Vorgehen der Supermacht mag unfair sein, ist aber der Regelfall in ihren internationalen Beziehungen.
Auch Österreich kooperiert sowohl auf der offiziellen als auch auf der inoffiziellen Ebene mit den USA und ist, ebenso wie Deutschland, nicht vor der Neugierde der US-Geheimdienste gefeit. Wenn hiesige Universitäten mit dem US-Militär zusammen Grundlagen- beziehungsweise Quantenforschung betreiben, deren Ergebnisse etwa für die Kryptografie nützlich sind, ist davon auszugehen, dass die Geheimdienste davon profitieren und die Technologien bei Bedarf undifferenziert auch gegen Bündnispartner einsetzen. Österreich ist also mit betroffen, dabei spielt es keine Rolle, dass die Kontaktstelle des BND/CIA-Mitarbeiters die US-Botschaft in Wien war. Politiker, die in diesem Kontext antiimperialistische Ressentiments bedienen, agieren populistisch.