Gasparovic hat Rückendeckung durch populären Premier. | Radicová wäre erste Frau an der Spitze der Slowakei. | Pressburg. Seit Donnerstag herrscht in der Slowakei die große Ruhe vor dem Sturm. Am morgigen Samstag entscheiden die Bürger im Nachbarland über ihr neues Staatsoberhaupt, und in den 48 Stunden vor Wahlbeginn dürfen keine bisher unbekannten Fakten über die insgesamt sechs Kandidaten mehr an die Öffentlichkeit gelangen.
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Dabei gäbe es ohnehin nicht viel Neues zu erfahren, so jedenfalls der Tenor bei Medien und Politologen. Die sogenannte Kampagne, das ist der kurze Zeitraum des offiziellen Präsidentschaftswahlkampfs, sei langweilig und ereignislos gewesen und habe ganz sicher nicht dazu beigetragen, die ohnehin nicht sehr wahlfreudigen Slowaken verstärkt an die Urne zu bringen.
Experten räumen zwei Kandidaten ernsthafte Chancen ein: Amtsinhaber Ivan Gasparovic, der von Premier Robert Fico unterstützt wird, und Iveta Radicová, hinter der drei bürgerliche Parteien stehen, nämlich die SDKU-DS des früheren Ministerpräsidenten Mikulás Dzurinda, die Ungarnpartei SMK und die KDH des ehemaligen Parlamentspräsidenten Pavol Hrusovský. Dabei wird davon ausgegangen, dass es zu einer Stichwahl kommt, weil beide in Umfragen ziemlich gleichauf liegen. Allerdings gilt der Amtsinhaber als Favorit während Radicová die Rolle der Außenseiterin einnimmt.
Für Gasparovic spricht, dass er sich während des Wahlkampfs stets in trauter Einigkeit mit Robert Fico präsentierte, den die Slowaken seit Jahren für ihren vertrauenswürdigsten Politiker halten. Radicová wiederum zählt seit ihrem Einstieg in die Spitzenpolitik vor knapp vier Jahren - am 17. Oktober 2005 wurde sie für viele damals überraschend Arbeits- und Sozialministerin - zu den beliebtesten Politikern.
Lahme Kampagne
Radicovás Chancen stehen und fallen ganz wesentlich mit der Notwendigkeit einer Stichwahl. Schon im Vorjahr hatte sie bei ihrer Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin erklärt, sie wolle möglichst viele Menschen erreichen, ursprünglich hatte sie sogar auf den Rückhalt der Fico-Partei Smer-SD gesetzt. Genau das könnte ihr aber letztlich zum Nachteil gereichen. Radicová sei im Wahlkampf konservativ, wenig aggressiv und nicht sonderlich kritisch gegenüber dem Regierungschef und seiner Partei aufgetreten und habe im Gegensatz zu Gasparovic, der sich selten ohne prominente Fico-Anhänger zeigte, nicht genug parteipolitische Farbe bekannt, zitiert das Nachrichtenportal aktualne.sk die Psychologin Jana Porubcová.
Im Übrigen genießt Radicová zwar die Unterstützung von gleich drei Parteien, die Konservativen in der Slowakei gelten jedoch als zersplittert, und das nicht erst seit dem Machtwechsel in Pressburg im August 2006. Das gilt insbesondere für die SDKU-DS und KDH, die bis 2006 immerhin an der Regierung waren. Die Fragmentierung der Bürgerlichen macht sich auch darin bemerkbar, dass mit dem Abgeordneten Frantisek Miklosko und der Vorsitzenden des inzwischen nicht mehr im Parlament vertretenen Freien Forums Zuzana Martináková noch zwei weitere Kandidaten aus dem konservativen Lager antreten. Auf beide könnten Stimmen entfallen, die Radicová dringend bräuchte, um im ersten Wahlgang möglichst dicht an Gasparovic zu liegen, so dass eine Stichwahl notwendig würde. Dann würde es ihr ergehen wie dem früheren Außenminister Eduard Kukan, dem viele im Vorfeld der Präsidentenwahl 2004 hervorragende Chancen eingeräumt hatten, der aber im Endeffekt vor allem daran scheiterte, dass die Wähler anderen konservativen Kandidaten ihre Stimme gaben.
Radicová ist nicht die erste Frau, die Präsidentin werden will. Bisher hat aber noch keine Frau so nachhaltig wie sie diesen Anspruch bekundet. Damit ist sie vielen, vor allem Nationalisten und Kirchenvertretern ein Dorn im Auge, zumal sie sich immer wieder als sehr schlagfertig erweist. Sie sei "kein Männchen, auf das man einfach so draufschlägt", konterte sie etwa gegen Angriffe des Chefs der Slowakischen Nationalpartei Ján Slota. Sehr heftig wurde Radicová zuletzt von Premier Robert Fico attackiert, der ihr vorwarf, keinen Bezug zur Slowakei und zur Demokratie zu haben.
Für Fico steht bei der Wahl einiges auf dem Spiel. Seit er Premier ist, ist die Opposition mehr und mehr in ein Schattendasein abgedriftet, so dass er die meisten seiner Vorhaben problemlos durchbekommt. Diese für ihn goldenen Zeiten wären freilich zu Ende, wenn Gesetze künftig durch ein Staatsoberhaupt Iveta Radicová unterzeichnet werden müssten.