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Äußerlichkeiten sind Nebensache

Von Alexa Jirez

Politik
Alle Klassensprecher der Brüßlgasse haben schon konkrete Zukunftspläne. Foto: Jirez

Vorbereitung auf das Berufsleben wird großgeschrieben. | 90 Prozent mit Migrationshintergrund - Internationalität zum Nulltarif. | Wien. "Bei einer Schule kann man nicht von Äußerlichkeiten ausgehen - die modernste Schule hält oft nicht was sie verspricht", ist Karlheinz Fiedler, der Direktor der berufsorientierten Kooperativen Mittelschule in der Brüßlgasse in Wien-Ottakring überzeugt.


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Seine Schule hält, was sie verspricht, und das, obwohl das Gebäude bereits in die Jahre gekommen ist. 100 Jahre alt wird die Schule heuer, und das sieht man ihr auch an. Der Verputz bröckelt, viele Klassenräume würden dringend einen neuen Anstrich vertragen, und auch die große Schwingtür am Eingang ist ein 100-jähriges Original.

Aber die infrastrukturell herausfordernden Gegebenheiten können dem Engagement von Direktion, Lehrern und Schülern keinen Abbruch tun. Andrea Mödritscher ist Lehrerin in der Brüßlgasse und hilft den Jugendlichen, sich optimal auf das Berufsleben vorzubereiten: "Wir führen die Schüler ab der 1. Klasse zur Berufstätigkeit hin. Wir reden über Traumberufe und machen regelmäßiges Bewerbungstraining. Ab der 4. Klasse sind dann alle motiviert, dass sie gute Noten haben und so ihrem Berufsziel näher kommen", weiß die 43-Jährige, die mit den Schülern der Brüßlgasse sogar Telefon- und Kameratraining absolviert.

Auch Eltern werden eingeladen um ihre Berufe vorzustellen oder ehemalige Schüler erzählen darüber, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Neben Freundlichkeit, Verlässlichkeit und Pünktlichkeit werden auch Bewerbungsgespräche trainiert oder wie man den perfekten Lebenslauf schreibt. Herzstück der Berufsorientierung sind die Schnupperwochen. Bei den Schnupperwochen, die sich die Schüler möglichst selbst organisieren, sammeln sie erste praktische Berufserfahrung. So mancher Traumberuf, wie Verkäuferin in einem Kleidergeschäft, ist nach so einem Praxistest nicht Traumberuf geblieben, weiß Mödritscher.

Die Kooperative Mittelschule ist Partnerschule der Wirtschaftskammer Österreich, und der Schwerpunkt Berufsorientierung wird hier bereits seit 15 Jahren erfolgreich umgesetzt. Auch Kooperationen mit BHS, BMS und AHS garantieren die bestmöglichen Weiterbildungschancen.

Auf die Internationalität der Schule ist man in Ottakring stolz. 14 Nationalitäten gibt es in der Brüßlgasse, 90 Prozent der Schüler haben Migrationshintergrund: "Viele Eltern unternehmen große Anstrengungen, um ihre Kinder auf teure Privatschulen mit internationalem Flair zu geben. Hier gibt es diese Internationalität zum Nulltarif", meint Fiedler.

Kulturelle Vielfalt

Schon die Namen der Klassensprecher deuten auf kulturelle Vielfalt hin. Marya Milic ist 14 und weiß, was sie will - Kindergärtnerin werden. Darum hat sie sich auch für die Schnupperwoche in einem Kindergarten angemeldet. Außerdem möchte sie eine HAK machen: "Wenn man keine gute Ausbildung hat, ist man der letzte Dreck. Die Leute schauen dich ganz anders an, wenn du gebildet bist und die HAK fertig gemacht hast", ist die Jugendliche überzeugt.

Auch Sheahd Averta hat große Pläne, sie möchte die Oberstufe am Schuhmeierplatz besuchen und dann Jus studieren: "Ich gehe gern in die Schule. Einerseits natürlich zum Lernen, aber auch weil ich meine Klassenkameraden treffe und wir dann Spaß haben", erzählt die 16-Jährige, deren Lieblingsgegenstand übrigens Mathematik ist.

Allelmi Jatovic hat einen etwas pragmatischeren Zugang zur Schule: "Wenn ich gut gelaunt bin, dann mag ich Englisch", erklärt der Bursch, der Kfz-Mechaniker werden möchte. Auf die Schnupperwoche freut er sich, dann kann er ausprobieren, was er zuletzt eifrig trainiert hat: "Man muss höflich sein und ordentlich angezogen, wenn man sich wo vorstellt", weiß der 14-Jährige, der schon einer Werkstatt mit "riesigen Motoren" entgegenfiebert.