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Jetzt beginnt der Wahlkampf. Alles, was bisher geschah, war nur ein Warmlaufen, ein Abarbeiten von Baustellen. Man denke an das für die ÖVP leidige Spendenthema; oder die SPÖ-interne Klärung bei Erbschafts- und Vermögenssteuern; und die FPÖ hatte alle Hände voll zu tun, die Ibiza-Affäre als Verschwörung finsterer Mächte umzudeuten.
Um Inhalte wird es aber auch jetzt nicht gehen. Jedenfalls nicht im Wesentlichen. Wahlen sind zu einem Akt der Selbstvergewisserung geworden, auf der richtigen Seite zu stehen. Das ist derzeit quer durch die westliche Welt der Fall und doch ein Zeichen von Regression.
Das wird sich sicher irgendwann auch wieder ändern. Aber derzeit fällt es den Parteien - und zwar allen - eben deutlich leichter, Wähler mit Verheißungen einer vagen Identität zu binden als mit Aussichten auf konkrete Politik. Das ist ein Jammer, weil konkrete Politik das Leben von Menschen deutlich stärker bestimmt.
Umso wichtiger ist angesichts dieser Scheu der Parteien vor harten Inhalten, dass andere klare Festlegungen einfordern. In Interviews, in Anfragen oder auch in Online-Wahlhelfern, wie ihn etwa die "Wiener Zeitung" seit mehr als zehn Jahren zu allen wichtigen Wahlen gestaltet.
Absolute Sicherheit gibt es allerdings auch hier nicht. Und das ist nicht einmal die alleinige Schuld der Parteien. Sicher, es ist schon mehr als einmal vorgekommen, dass Festlegungen vor der Wahl ohne Not nach der Wahl verräumt wurden. Aber genauso kann es sein, dass eine Koalition zu Kompromissen führt, wo also alle Partner Zugeständnisse machen müssen. Das soll, das muss in einer Demokratie auch so sein.
In einem sehr konkreten Punkt werden die Parteien bei dieser Ausrede allerdings keine Zuflucht finden: Sämtliche Parteien sprechen sich nämlich im "Wiener Zeitung"-Wahlhelfer für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses und die Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes aus.
Das klingt reichlich technisch und wenig aufregend. Doch mit diesem Schritt wäre eine Revolution für die Republik und ihr bisher von Misstrauen geprägtes Verhältnis zwischen Behörden und Bürgern verbunden. Weil Wissen eben Macht ist, verschiebt sich mit einem Rechtsanspruch auf amtliche Informationen ganz selbstverständlich auch das Machtverhältnis zwischen Amt und Bürger. Es wäre dies ein weiterer großer Schritt auf dem - trotzdem nie abgeschlossenen - Weg aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit, ein Meilenstein beim langen Abschied vom Bild des Bürgers als Untertan.
Noch ist das freilich nur ein Versprechen, eine potenziell unverbindliche Festlegung im Wahlkampf. Wir reden schließlich über Politik, noch dazu in Österreich.