Erste Group sieht Ende des Preisbooms erst bei 2300 Dollar. | Goldminen halten sich beim Ausbau der Produktion zurück. | Wien. Der Goldpreis steigt und steigt. Seit 2001 hat er sich fast verfünffacht. Erst zu Wochenbeginn kletterte der Preis für das gelbe Edelmetall, das seit jeher als die Krisenwährung schlechthin gilt, mit 1260 Dollar je Feinunze auf ein neues Allzeithoch. Am Mittwoch notierte Gold im Handelsverlauf mit 1243 Dollar nur unwesentlich unter der jüngsten Rekordmarke.
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Einige Experten sprechen schon seit längerem von einer großen Blase, die demnächst zu platzen droht. Ronald Stöferle, Gold-Analyst der Erste Group, teilt diese Einschätzung nicht: "Wir sehen einen sehr langfristigen Bullenmarkt (mit immer höheren Preisen, Anm.), der nach wie vor intakt ist." Auf Jahressicht, bis Juni 2011, rechnet er mit einem weiteren Preisanstieg auf 1600 Dollar. Das Ende des Booms sieht Stöferle erst in zwei bis drei Jahren - bei 2300 Dollar. Generell geht die internationale Finanzbranche bis dahin im Durchschnitt ihrer Schätzungen hingegen von einem wesentlich tieferen Goldpreis von nur noch rund 1000 Dollar aus.
Flucht in sicheren Hafen
Warum Gold als sicherer Hafen für Investoren weiterhin glänzen sollte, hat für Stöferle eine Reihe von Gründen. Einer davon: "Die Krise ist noch nicht vorbei. Ein Sturz zurück in die Rezession kann nicht ausgeschlossen werden." Die Probleme, vor denen viele Regierungen stehen, seien außerdem nicht von heute auf morgen zu lösen.
Was laut Stöferle ebenso für eine noch länger anhaltende Gold-Hausse spricht, ist das aktuell angeknackste Vertrauen in Papierwährungen - vor allem infolge der Schuldenkrise in Europa. "Gold wird wieder verstärkt als wertbeständiger Geldersatz gesehen", so der Experte in einem Pressegespräch am Mittwoch. "Langfristig bleibt damit die Kaufkraft erhalten." Zuletzt habe Gold de facto gegenüber allen Papierwährungen aufgewertet, betont Stöferle.
Den Preis für Gold weiter treiben sollte auch die seit Jahren weltweit rückläufige Produktion der Minen. Damit bleibt das Angebot am Goldmarkt knapp. Stöferle hält einen raschen Ausbau der Produktion zumindest derzeit für äußerst unwahrscheinlich. Sein Argument: Leicht abzubauende Goldreserven sind zu einem Großteil bereits erschöpft - beispielsweise in Südafrika, einem der größten Produzenten der Welt. Der Abbau tiefer gelegener und somit teurer zu erschließender Vorkommen (ähnlich wie beim Erdöl) rechnet sich für viele Minen allerdings erst ab einem Goldpreis jenseits der 1500-Dollar-Marke. Und davon ist der aktuelle Preis noch weit entfernt. Deshalb wird vielfach vorerst noch auf Sparflamme produziert.
Notenbanken kaufen zu
Für Stöferle ebenfalls Indiz für einen weiter anziehenden Preis sind Goldkäufe von Zentralbanken - vor allem jener in Indien, China und Saudi-Arabien. Im vergangenen Jahr seien die Notenbanken erstmals seit 20 Jahren wieder Nettokäufer gewesen. Unter dem Strich wurde also mehr Gold gekauft als verkauft.
In den letzten zehn Jahren sei das gelbe Metall im Vergleich zu Wertpapieren wie Aktien und Anleihen überhaupt das beste Investment für Anleger gewesen, so Stöferle. Im Schnitt hat Gold eine Jahresrendite von 13,5 Prozent in Euro und eine von 16,5 Prozent in Dollar gebracht.