Mit dem Beschluss ihrer Mitglieder, die Agenden der Profis in eine Aktiengesellschaft auszulagern, hat der Verein Austria Wien ein Stück Souveränität zurückewonnen. Diese haben die Violetten vor sieben Jahren aufgegeben, indem der damals verschuldete Klub einen Betriebsführungsvertrag mit Magna abgeschlossen hat. Dieser garantierte die "schwarze Null". Die ständig wechselnden Verantwortlichen gaben aus, was sie für richtig hielten, am Ende des Betriebsjahres glich Frank Stronach das Minus einfach aus.
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Im Gegenzug ließ sich der Industrielle sämtliche Entscheidungsbefugnisse geben. Und so flogen mitunter Trainer raus, die gerade eben ein Wiener Derby gewonnen oder souverän die Tabelle angeführt hatten. Sieben Jahre folgte Stronach dieser von ihm selbst als goldene Regel - "Wer das Gold hat, macht die Regel" - apostrophierten Vorgehensweise. Dem Erfolg der Austria war dies nicht zuträglichEine derartige Sprunghaftigkeit führt im Fußball an den angestrebten Zielen zumeist vorbei.
Von den Bauchentscheidungen Frank Stronachs ist die Austria ab Juli, wenn die Aktiengesellschaft ihren Betrieb aufnehmen wird, nicht mehr direkt abhängig. Wohl aber wird der Magna-Chef weiterhin das Sagen haben. Denn in der Hauptversammlung der AG wird der Verein zwar die Mehrheit haben - das verlangt die Bundesliga -, doch werden darin auch Magna-Vertreter (Stronach selbst?) sitzen. Im Aufsichtsrat wird nach den derzeitigen Plänen der Industriekonzern sogar ebenso viele Sitze wie die Austria erhalten, nämlich zwei. Die übrigen Sponsoren, Verbund und Siemens, sollen mit je einer Person im Aufsichtsrat vertreten sein. Als Vorsitzender könnte Austrias Neo-Präsident Wolfgang Katzian bestellt werden, als dessen Stellvertreter könnte Magna-Manager Siegfried Wolf fungieren.
Passenderweise sitzt dieser auch im Aufsichtsrat des von Stronach ins Austria-Boot geholten Energiekonzerns Verbund. Unterschiedliche Interessen der drei großen Sponsoren mit Magna an der Spitze sind also nicht zu erwarten.
Ein Überleben der Austria ohne dieses Sponsoren-Triumvirat ist - mit oder ohne AG - nicht möglich. Die von Magna in Aussicht gestellten sieben Millionen Euro jährlich wären für die Wiener anderweitig nie aufzutreiben. Das liebe Geld kann von Stronach also weiterhin als Druckmittel eingesetzt werden, um seine Entscheidungen durchzubringen. Die Vereinsvertreter in den diversen AG-Gremien können lediglich versuchen, Stronach allzu absurde Ideen auszureden. Dazu hatten sie früher nicht einmal die Gelegenheit.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Bestellung des GPA-Vorsitzenden Wolfgang Katzians als neuen Austria-Präsident zu verstehen. Dieser hatte vor acht Jahren mit dem erklärten Gewerkschaftsgegner Stronach über die Installierung von Betriebsräten in den Magna-Werken verhandelt und einen Kompromiss erzielt. Bei Stronach ist dies schon als Sieg zu werten.
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