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Konzerte eines weltweit anerkannten Österreichers bereicherten einen Schwerpunkt der österreichischen EU-Präsidentschaft nicht nur musikalisch sondern auch um etwas mediale Aufmerksamkeit:
Joe Zawinul, Jazzgröße und frischgebackener "Goodwill-Botschafter" der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit spielte gemeinsam mit African Friends beim EU-SADC- Ministertreffen in Wien, das,
entgegen seines politischen und wirtschaftlichen Stellenwerts, nicht übermäßig große Resonanz in den Medien fand.
Während der Musiker Zawinul mit der international verständlichen Sprache der Musik "Türen aufmachen und Augen öffnen" will, ging es bei den politischen Gesprächen der Außenminister der EU und der
SADC-Staaten · einem Zusammenschluß von 14 südafrikanischen Staaten mit dem Ziel wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Integration · um die konkreten politischen und wirtschaftlichen Probleme des
südlichen Afrika und um eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem südlichen Afrika · mit unterschiedlichen Erwartungen.
Partner SADC
Schon 1980 war die SADC (Southern African Development Community) aus einer losen Kooperation mehrerer sogenannter Frontstaaten als Gegengewicht zum wirtschaftlich übermächtigen Apartheid-Staat
Südafrika entstanden. Der SADC gehörten damals Angola, Botswana, Lesotho, Malawi, Mozambique, Namibia, Sambia, Simbabwe, Swaziland und Tansania an. Ziel war vorrangig die Kooperation im
Rahmen von bestimmten Infrastruktur-Projekten um die ökonomische Abhängigkeit von Südafrika zu verringern.
Mit dem demokratischen Wandel und der Abschaffung der Apartheid in Südafrika sollte sich aber auch das politische und wirtschaftliche Selbstverständnis der SADC ändern.
Im August 1994, nach den ersten freien Wahlen, wurde Südafrika elftes Mitglied der SADC und statt der bis dahin großteils projektbezogenen Zusammenarbeit streben die Länder seitdem nach einer breit
angelegten Kooperation mit dem Ziel eines gemeinsamen Binnenmarktes.
Verstärkte Zusammenarbeit
Und an der Zusammenarbeit mit diesem Wirtschaftsraum, der durch die Teilnahme Südafrikas auch das entsprechende ökonomischen Entwicklungspotential signalisierte, war die Europäische Union sehr
schnell interessiert. Schon eine Woche später kam es in Berlin, unter der deutschen EU-Präsidentschaft, zu einem ersten Treffen der EU-Außenminister mit den SADC-Staaten, das von vielen guten
Vorsätzen getragen wurde und in dem der Rahmen für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den EU- und SADC-Staaten abgesteckt wurde.
Vereinbart wurden auch weitere Treffen im Zwei-Jahres-Rhythmus. 1996 trafen sich die Außenminister im namibischen Windhoek und heuer war wieder die EU an der Reihe · und damit das Vorsitzland
Österreich, womit der Schwerpunkt auch für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit vorgegeben war.
Vor einer Woche bot die Wiener Hofburg den feudalen Rahmen für die Gespräche zwischen den 14 SADC-Außenministern und ihren Kollegen aus den EU-Staaten.
Die Probleme der afrikanischen Staaten und der festgeschriebene Wille zur Zusammenarbeit gaben die zentralen Themen vor: Demokratie, Menschenrechte, Konfliktverhütung, Fragen der regionalen
Integration, der Abbau von Handelshemmnissen, die Bekämpfung des Drogenhandels, die HIV-Problematik, die Minenräumung und die Schuldenproblematik.
Eine durchaus ambitionierte Themenliste, die durch ein weiteres, recht komplexes Thema ergänzt werden mußte, nämlich die Neuverhandlung des sogenannten Lomé-Abkommens.
Lomé
1975 war in Lomé, der Hauptstadt von Togo, ein Abkommen unterzeichnet worden, das Entwicklungsländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) einen bevorzugten Zugang zum europäischen
Markt und finanzielle Unterstützung einräumte. Dieses Abkommen, inzwischen drei mal verlängert, läuft im Februar des Jahres 2000 aus und während der EU-Präsidentschaft Österreichs haben die
Neuverhandlungen begonnen.
Doch während das Abkommen bisher immer in seiner wesentlichen Substanz verlängert und vom Gedanken der Unterstützung des schwächeren Partners getragen worden war, hat sich in der Europäischen Union
im Vorfeld der Verhandlungen eine veränderte Position durchgesetzt: Liberalisierung heißt nun die Botschaft, die von Europa in den Süden getragen wird. Die EU will die Subventionen reduzieren, den
armen Staaten aber helfen, sich in Freihandelszonen zu organisieren und Anreize für mehr Investitionen zu schaffen.
Eine Position, die bei den meisten der AKP-Partner, die großteils am Festhalten an der bisherigen Politik interessiert sind, auf wenig Zustimmung stößt.
Eine durchaus ambitionierte Themenliste, die durch ein weiteres, recht komplexes Thema ergänzt werden mußte, nämlich die Neuverhandlung des Lomé-Abkommens.
Lomé
1975 war in Lomé, der Hauptstadt von Togo, ein Abkommen unterzeichnet worden, das Entwicklungsländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (AKP-Staaten) einen bevorzugten Zugang zum europäischen
Markt und finanzielle Unterstützung einräumte. Dieses Abkommen, inzwischen drei mal verlängert, läuft im Februar des Jahres 2000 aus und während der EU-Präsidentschaft Österreichs haben die
Neuverhandlungen begonnen.
Doch während das Abkommen bisher immer in seiner wesentlichen Substanz verlängert und vom Gedanken der Unterstützung des schwächeren Partners getragen worden war, hat sich in der Europäischen Union
im Vorfeld der Verhandlungen eine veränderte Position durchgesetzt: Liberalisierung heißt nun die Botschaft, die von Europa in den Süden getragen wird. Die Europäische Union will die Subventionen
reduzieren, den armen Staaten aber helfen, sich in Freihandelszonen zu organisieren und Anreize für mehr Investitionen zu schaffen.
Eine Position, die bei den meisten der AKP-Partner, die großteils am Festhalten an der bisherigen Politik interessiert sind, auf wenig Zustimmung stößt.
Diese Konstellation schließt allerdings problemlose und schnelle Verhandlungen für den Lomé-Nachfolgevertrag praktisch aus.
Parlamentarierkonferenz
Das zeigte sich auch bereits Anfang Oktober im österreichischen Parlament. Erstmals wurde im Vorfeld einer EU-SADC-Ministerkonferenz ein Treffen auf Parlamentarierebene veranstaltet. Mehr als 300
Parlamentarier, Experten und Vertreter von NGOs (non governmental organizations) diskutierten über ihre Sicht der Dinge. Selten hatte sich das österreichische Parlament so bunt und lebhaft
präsentiert und ebenso selten hatte man so klare Worte gehört.
Nach den Grußworten von Nationalratspräsident Fischer und der zuständigen Staatssekretärin Ferrero-Waldner übte bereits die erste Rednerin, die südafrikanische Parlamentspräsidentin Frene Ginwala
heftige Kritik an der aktuellen Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und dem südlichen Afrika und warf der EU vor, selbst freien Zugang zu den südafrikanischen Märkten zu
verlangen, die eigenen aber nur eingeschränkt öffnen zu wollen.
Der Vorsitzende des Ausschusses für entwicklungspolitische Zusammenarbeit und Vorsitzende der Konferenz, der SPÖ-Abg. Alfred Gusenbauer, wies in seiner Rede darauf hin, daß die Globalisierung die
Kluft zwischen Nord und Süd, zwischen Arm und Reich immer mehr vertiefe. Im Zusammenhang damit forderte er auch dazu auf, die Programme des Internationalen Währungsfonds zu hinterfragen. Es hätte
sich gezeigt, daß in einigen Ländern, die Strukturprogramme des IWF umgesetzt hätten, die Exporte stark gesunken seien. Ziel müsse die Neuregulierung der Finanzmärkte und die Sicherung sozialer
Mindeststandards sein.
"Fair Trade" statt "Free Trade"
Damit waren die Schwerpunkte der Konferenz auch schon weitgehend angesprochen. In Arbeitsgruppen wurden für die Themenbereiche Strukturanpassung und -verbesserung, Sozialstandards, wirtschaftliche
Beziehungen, Die Verschuldungsfrage und Konfliktbewältigung Lösungsansätze erarbeitet, die am letzten Tag nochmals im Plenum diskutiert wurden. Dabei einigten sich die Tagungsteilnehmer auf einige
Kernforderungen, die als Empfehlungen an die Ministerkonferenz weitergeleitet wurden:
Õ "Fair Trade" statt "Free Trade" müsse die Position für die künftigen Verhandlungen angesichts der ungleichen Ausgangssituation heißen.
Õ Streichung von Schulden, die durch Diktaturen verursacht wurden und für die die Bevölkerung nicht verantwortlich gemacht werden könne. Nur so sei eine wirtschaftliche und politische Gesundung der
Staaten im südlichen Afrika möglich.
Õ Die Einbindung des Südens in die Verhandlungen zum internationalen Investitionsschutzabkommen und
Õ Die Institutionalisierung solcher Parlamentariertreffen im Vorfeld von EU-SADC-Ministerkonferenzen.
Mehr Demokratie
Und schließlich konkretisierte der "Chairman" der Veranstaltung, Alfred Gusenbauer, in der abschließenden Pressekonferenz noch eine zentrale Forderung der Konferenz: Es sei der klare Wille der
Volksvertreter und Basisorganisationen, die demokratische Komponente internationaler Institutionen zu stärken und dies in dreifacher Hinsicht:
Õ Erstens müßten die internationalen Finanzorganisationen Weltbank und Währungsfonds einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen.
Õ Auch die Regierungen, die schließlich die Mitglieder dieser Organisationen stellen, müßten sich auf nationaler Ebene den Zivilgesellschaften und Parlamenten verantworten.
Õ Und drittens sollten schon im Vorfeld von Verhandlungen über neue Institutionen oder Abkommen die Zivilgesellschaften und Parlamente eingebunden werden.
Als Beispiel führte Gusenbauer das Multilaterale Investitionsschutzabkommen an, das in doppelter Hinsicht undemokratisch sei: Durch die "Auswahl" der gesprächspartner und die fehlende demokratische
Legitimation auf nationaler Ebene. Eine vernünftigere Balance der Interessen von Investoren und öffentlichem Interesse sei anzustreben, demokratische Grunddefizite beseitigt werden.
Der Geist von Wien
Zumindest einige dieser Forderungen stehen den deklarierten EU-Interessen, die in nächster Zeit zur Verhandlung anstehen, entgegen und es konnte davon ausgegangen werden, daß sie im Rahmen des EU-
SADC-Ministertreffens recht reserviert aufgenommen werden würden.
Umso mehr ist es als Erfolg zu werten, daß der Vorsitzende der Konferenz, Gusenbauer, eingeladen wurde, die Ergebnisse der Parlamentarier beim Ministertreffen zu präsentieren und diese auch
interessiert und positiv aufgenommen wurden. Darüber hinaus soll das Netzwerk an Kontakten zwischen der EU und den SADC-Staaten auf Parlamentarier-und NGO-Ebene in den nächsten Monaten fester
geknüpft werden und auch die Ausrichtung einer zweiten Parlamentarierkonferenz in zwei Jahren im südlichen Afrika ist absehbar.
Welche Auswirkungen das konkret auf die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden ungleichen Partnern haben wird, läßt sich nicht absehen, der Regierungswechsel in Deutschland
und, verbunden damit, Ankündigungen des deutschen Staatssekretärs im Außenamt, Günter Verheugen, die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zu intensivieren, lassen die Hoffnung aufkommen, daß nach
Berlin von Wien eine neue Qualität im Dialog zwischen der EU und dem südlichen Afrika ausgehen könnte.Õ
Michael Klonfar ist Mitarbeiter der ORF-Parlamentsredaktion
NOVEMBER 1998